tl;dr - Verbesserungen mit indirekter Pflicht zur Steuererklärung
Die Details stehen auf der RückseiteDie Steuererklärung ist künftig quasi Pflicht!
Arbeitnehmer werden künftig präziser die PKV-Beiträge über die Lohnsteuer abgerechnet bekommen, weil automatische Daten ausgetauscht werden. Es führt zu einem vorgezogenen Steuereffekt, nicht zu einer Reduktion.Aber für mitversicherte Personen kann es mangels Berücksichtigung zur Notwendigkeit einer Steuererklärung kommen.
Auch wegen Fehlern und Korrekturen ist – trotz Vereinfachung – eine Steuererklärung fast schon zwingend.
Das Widerspruchsrecht ist so mit so vielen Nachteilen verbunden, dass es praktisch kein Widerspruchsrecht gibt.
Steuererleichterungen für PKV versicherte Arbeitnehmer; automatisch
Steuererleichterungen? Automatisch? Ja, denn die Umstellung des steuerlichen Abzugs von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung (PKV/PV[N]) ab dem 1. Januar 2026 stellt eine signifikante Veränderung im deutschen Lohnsteuerabzugsverfahren dar. Aber leider nicht für alle, sondern für Arbeitnehmer in der PKV! Und überall wo es Licht gibt, gibt es Schatten….
Mit der Einführung des elektronischen Datenaustauschs zwischen Versicherungsunternehmen, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und den Arbeitgebern soll der bürokratische Aufwand reduziert und die steuerliche Berücksichtigung der Beiträge in der laufenden Lohnabrechnung präziser erfolgen.
Präziser bedeutet nicht zwingend günstiger!
Diese Neuerung, die durch das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen und durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz auf 2026 terminiert wurde, bringt für Arbeitnehmer sowohl Vorteile in Form einer sofortigen Entlastung als auch potenzielle Fallstricke, die eine indirekte Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung nach sich ziehen können.
Eine indirekte Pflicht zur Steuererklärung ist nicht neu
Ok, die indirekte Pflicht zur Abgabe eine Steuererklärung gab es theoretisch auch vorher schon, da durch begrenzte Anrechenbarkeit der PKV-Beiträge bis 1.900€ im Lohnsteuer-Vorabzugsverfahren ein Zinsverlust auf den verspätetet zugegangenen Steuerrückfluss im ersten Jahr vorlag; in der Praxis ein zweistelliger und damit vernachlässigbarer Wert. Jetzt kommt aber noch ein negativer Grund hinzu.
Die neue digitale Grundlage: ELStAM und Wegfall der Mindestvorsorgepauschale
Persönliche Anmerkung:
Weil ich vor Jahren mal ein paar Monat ein Köln PKV-Versicherter Arbeitnehmer war, bekam ich nun auch Post dazu! Die Behörden tauschen sich zunehmend aus!
Kernstück der Änderung ist die elektronische Datenübermittlung der relevanten Basis-Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch die Versicherer direkt an das BZSt. Diese Daten werden zu sogenannten Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM), auf die der Arbeitgeber künftig direkt zugreift.
Die bisher notwendige Vorlage einer Papierbescheinigung durch den Arbeitnehmer beim Arbeitgeber entfällt (§ 39 Abs. 4 Nr. 4 EStG).
Wegfall der Steuer begrenzenden Pauschale
Ein wesentlicher positiver Effekt für viele Privatversicherte ist der Wegfall der Mindestvorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2026. Positiv, weil in der Realität fast alle PKV-Versicherten (außer Anwärtern und Studenten) mehr zahlten, als die 1.900€ Pauschale unterstellte!
Bisher wurde in den Steuerklassen I, II, IV, V und VI eine pauschale Vorsorge in Höhe von maximal 1.900 Euro angesetzt, auch wenn die tatsächlichen Basisversicherungsbeiträge diesen Betrag überstiegen. Ab 2026 werden die tatsächlich gemeldeten Beiträge zur Basisabsicherung (abzüglich eines eventuellen steuerfreien Arbeitgeberzuschusses) in voller Höhe in der Lohnabrechnung berücksichtigt.
Sofortige Liquiditätsverbesserung
Diese Neuregelung führt zu einer unmittelbareren und präziseren steuerlichen Entlastung. Dadurch, dass die vollen Beiträge zur Basisabsicherung monatlich berücksichtigt werden, senkt sich die Lohnsteuer-Last bereits im laufenden Jahr. Der bisherige Liquiditätsnachteil für neue PKV Versicherte Arbeitnehmer im ersten Jahr, wird damit größtenteils beseitigt. Dieser entstand dadurch, dass ein Teil der abzugsfähigen Beiträge erst über die im Folgejahr abgegeben Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden konnte, womit es im ersten Jahr einen kleinen Zinsverlust gab.
Die im Ursprungsartikel erwähnte Problematik des Zinsverlustes (oder besser: des Liquiditätsnachteils) im ersten Jahr gehört damit der Vergangenheit an, da die monatliche Nettoentlastung nun sofort steigt.
Spannend werden Tarifwechsel: Denn meine Erfahrung ist, dass hier selten Fristen kongruente gearbeitet wird, d. h. bei diesen wird eine Steuererklärung noch wichtiger!
Indirekte Pflicht zur Steuererklärung: Das Problem der Mitversicherten
Trotz der angestrebten Vereinfachung kann die neue Regelung in bestimmten Konstellationen eine implizite oder indirekte Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auslösen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Steuerklassen V und VI und mitversicherte Ehepartner
Das Hauptproblem betrifft oft Ehepaare oder Lebenspartner mit den Lohnsteuerklassen V und VI, bei denen ein Partner (der Versicherungsnehmer) die Beiträge für den anderen Partner (die mitversicherte Person) zahlt; was auch ein freiwilliger GKV-Beitrag sein könnte.
- In der Regel werden die gesamten gemeldeten PKV-Beiträge im ELStAM-Verfahren dem Versicherungsnehmer (z.B. in Steuerklasse III) zugeordnet und dort steuermindernd berücksichtigt.
- Für die mitversicherte Person (z.B. in Steuerklasse V oder VI) werden hingegen keine eigenen PKV-Beitragsdaten übermittelt.
- Da ab 2026 die Mindestvorsorgepauschale entfällt, berücksichtigt der Arbeitgeber der mitversicherten Person in Steuerklasse V oder VI keine Beiträge, was zu einer deutlich erhöhten Lohnsteuerbelastung führen kann.
Um die korrekte steuerliche Entlastung für die Beiträge des mitversicherten Ehepartners geltend zu machen und die im Lohnabzug überzahlte Steuer zurückzuerhalten, wird mindestens für die Person in Steuerklasse V oder VI eine Einkommensteuererklärung notwendig.
Dieses Angehörigenproblem tritt grundsätzlich auch bei freiwillig gesetzlich Versicherten auf, bei denen die Beiträge ebenfalls nur einem Partner zugeordnet werden. Diese Konstellation ist jedoch selten.
Korrekturen, Rückerstattungen und Pflichtveranlagung
Eine weitere Ursache für eine mögliche Pflichtveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG können Beitragsrückerstattungen durch die PKV sein.
Steuerpflicht durch Beitragsrückerstattung
Wenn die private Krankenversicherung im Laufe des Jahres Beiträge zurückerstattet (BRE genannt), die einen bestimmten Betrag (derzeit 410 Euro) überschreiten und zugleich die gesetzlich vorgegebene Arbeitslohngrenze überschritten wurde, löst dies weiterhin eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung aus. Die Versicherer sind verpflichtet, auch solche Korrekturen und Rückerstattungen dem BZSt automatisch zu melden.
Das Risiko der Nachzahlung vs. Überzahlung
Die Neuregelung ist darauf ausgerichtet, eine möglichst akkurate monatliche Lohnsteuer zu gewährleisten. Die Befürchtung einer Fachleute bezüglich einer möglichen Nachzahlungspflicht bei zu geringer Lohnsteuerabführung ist nicht unbegründet, da die Lohnsteuer nun exakt anhand der gemeldeten Beiträge berechnet wird und die Mindestvorsorgepauschale als „Puffer“ entfällt.
Andererseits bleibt die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Arbeitgeber aus Vorsicht oder aufgrund von Meldeverzögerungen bei Änderungen (z.B. Beitragserhöhungen oder Tarifwechsel im Jahresverlauf) überzahlen (sprich: zu viel Lohnsteuer einbehalten), um das eigene Haftungsrisiko zu minimieren.
In beiden Fällen – ob zur Vermeidung einer Nachzahlung oder zur Rückholung einer Überzahlung – wird die Abgabe einer Einkommensteuererklärung zur notwendigen Maßnahme, um die korrekte Jahressteuer festzusetzen.
Widerspruchsmöglichkeit und Fazit
Versicherungsnehmer haben zwar theoretisch ein Widerspruchsrecht gegen die elektronische Datenübermittlung ihrer Beitragsdaten an das BZSt (§ 39 Abs. 4a Satz 1 EStG).
Dieser Widerspruch ist jedoch mit so vielen Nachteilen verbunden, dass er zur Theorie verkommt:
- Der Arbeitgeber darf die Beiträge des Arbeitnehmers nicht mehr im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigen.
- Der Arbeitnehmer verliert den Anspruch auf den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss.
- Die Lohnsteuer wird ohne Berücksichtigung der Beiträge in voller Höhe einbehalten.
Die Folge wäre, dass die Steuerentlastung für die PKV-Beiträge nur noch nachträglich über die jährliche Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden könnte. Diese Option führt de facto zur größtmöglichen Liquiditätsbelastung während des Jahres und erfordert zwingend die Abgabe einer Steuererklärung, um das Guthaben zurückzuerhalten.
Für den zweiten Punkt – Verlust des Arbeitgeber-Zuschusses – ist mir nicht klar, wie es in der Praxis gelöst werden könnte, denn dieser kann zurzeit gar nicht über die Steuererklärung erlangt werden.
Fazit – Überwiegend gute Regelungen
Liquiditätsvorteil am Anfang
In der Gesamtschau stellt die Umstellung auf den digitalen Datenaustausch ab 2026 eine leichte Verbesserung dar. Zwar steigt für bestimmte Personengruppen (insbesondere Mitversicherte in Steuerklasse V/VI) der Anreiz oder die Notwendigkeit zur Steuererklärung, die allgemeine Abschaffung der pauschalen Beitragsbegrenzung im Lohnabzug führt jedoch zu einer frühzeitigeren und präziseren monatlichen Entlastung für die meisten Arbeitnehmer.
Doch immer dran denken: Ein vorgezogener Steuereffekt ist keine Steuersenkung!
Günstigerprüfung verhindert steuerliche Benachteiligung
Da die Günstigerprüfung (vgl. Wikipedia) weiterhin gilt (d.h. das Finanzamt prüft, ob die tatsächliche Jahressteuer niedriger ist als die Summe der monatlich einbehaltenen Lohnsteuer), führt die freiwillige Abgabe einer Steuererklärung in den meisten Fällen zu einer Steuerrückerstattung.
PKV-Versicherte machen fast immer eine Steuererklärung
Mal ehrlich, da die PKV-Versicherten zu den privilegierten Bundesbürgern gehören, die überdurchschnittlich viel Einkommen haben, machen fast alle PKV-Versicherten ohnehin eine Steuererklärung, bei denen ihre Steuersparprodukte, Immobilien, Förderanträge etc. angesetzt werden. Ergo ist für die meisten PKV versicherten Arbeitnehmer nicht mehr zu tun, als bisher auch.
Die indirekte Pflicht zur Steuererklärung ist weder neu noch ändert sie für die meisten PKV-Versicherten irgendwas!
Für gute beratene PKV-Versicherte (z. B. durch andere Versicherungsmakler und gute Vertreter) dürfte diese Artikel nur gute Neuigkeiten bringen haben. Alle anderen sollten sich fragen, ob sie gut beraten sind – was ich hoffe (!) – oder eine gute PKV-Beratung bei mir als Termin vereinbaren möchten. Am besten jetzt, denn es kostet nichts extra! ;)