Wie funktionieren Risikoprüfung und anonyme Risikovoranfrage?
Dies ist die Königsdisziplin, denn sie trennt die Spreu vom Weizen. Sie müssen die Antragsfragen der Versicherung vollständig sowie ehrlich beantworten.[1] Mit lapidar beantworteten Gesundheitsfragen gefährden Sie den Versicherungsschutz bis hin zum Totalverlust,[2] was vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung genannt wird; Kurzform VVA. Selbst die BaFin empfiehlt, dass Sie die Fragen „unbedingt wahrheitsgemäß und vollständig beantworten“ sollten.[3]
Ein großes Problem ist, dass die Vermittler abschlussorientiert bezahlt werden. Es gibt eine sehr hohe Abschlussprovision und eine im Vergleich eher geringe Bestandspflegeprovision. Teils verzichten Vermittler sogar auf diese, um noch höhere Abschlussprovisionen zu erhalten. Dies kann zu Interessenkonflikten führen!
Was ist eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung?
In der Praxis ist die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung der schwerste Fehler, den Sie machen können! Diese wird unterschieden nach dem Grad der Fahrlässigkeit, bzw. ob sie vorsätzlich oder gar arglistig agiert haben. Die Auswirkungen sind unterschiedlich, es spielt jedoch keine Rolle, ob Sie die Unwahrheit selbst verursacht haben, denn die Kenntnisse einer Vertretung werden Ihnen vollumfänglich angerechnet,[4] z. B., wenn Eltern für die Kinder agieren oder Sie einen Vermittler beauftragen.
Grafik – Arten der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung (VVA)
Welche Konsequenz eine VVA hat, hängt von der schwere Ihres Verschuldens ab. Aber alle VVA sind schlecht! Vermeiden Sie eine VVA, seien Sie bedingungslos ehrlich. Besser nicht in die PKV wechseln, statt die Konsequenzen einer VVA zu provozieren. Was gefahrerheblich ist, entscheidet allein die Versicherung. Das Gesetz verlangt, dass Sie alles angeben müssen, wonach die Versicherung fragt. Es kennt keine Ausnahmen, etwa für Geringfügigkeit.[5] Etwaige Spitzfindigkeiten, wie das Herunterspielen als Befindlichkeit, können eine VVA produzieren. Auch Beeinträchtigungen, die keinen Krankheitswert haben, sind anzugeben, z. B. die Verharmlosung jahrelanger Rückenschmerzen.[6] Wenn Sie Zweifel über die Gefahrerheblichkeit haben, ist es als gefahrerheblich einzustufen. Sie sind nicht angehalten die Gesundheitsfragen nach eigenem Ermessen – oder dem des Abschlussvermittlers – zu beantworten,[7] sondern vollständig sowie wahrheitsgemäß, so wie es in den Antragsfragen steht.[8] Allenfalls unbedeutende Bagatellerkrankungen oder anlassbezogene Verletzungen infolge erhöhter Beanspruchung, die folgenlos ausgeheilt sind oder nicht therapiedürftig waren, sowie nicht offenkundig gefahrerheblich sind, könnten bei einer Nichtangabe keine schweren Konsequenzen nach sich ziehen.[9] Diese Unterscheidung obliegt ebenfalls der Versicherung.
Lassen Sie sich nicht vom Vermittler bequatschen, sonst könnten Sie ohne Schutz sowie mit hohen Kosten enden.[10]
Auch ein Verschleifen der Behandlung löst das Problem nicht. Erfordert etwa eine akute Paradentose-Behandlung eine engmaschige Nachsorge, so wird dieser Versicherungsfall nicht dadurch beendet, dass der Versichert in medizinisch nicht gebotener Weise die Behandlung unterlässt. Dies wird als ein Versicherungsfall gesehen, der bei einer Zahnzusatzversicherung eine vorvertragliche Anzeigepflicht auslöst.[11] Für die Zahnzusatzversicherung hat der BGH eine Pflichtverletzung bejaht.[12] Neben vereinzelten Wirksamkeitsbedenken gibt es Rechtsmeinungen, welche dieses konkrete Beispiel auch in der PKV für eine Pflichtverletzung halten, wenn diese Behandlung durch Nichtdurchführung verschwiegen wurde.[13]
Zwar wird vom VN nicht die korrekte medizinische Bezeichnung verlangt, sondern es genügt eine Krankheitsdarlegung inklusive zusammenhängender Beschwerden.[14] Konkrete Diagnosen sind dennoch hilfreich. Beispiel dazu finden Sie im Anhang bei den unspezifischen Diagnosen.
Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.[15] Wenn Ihnen eine VVA vorgeworfen wird, sollten Sie sofort einen Versicherungsberater oder Fachanwalt einschalten!
VVA – Neubewertung
Bei einer Neubewertung[16] hätten Sie noch Glück im Unglück, denn es heißt, dass die Versicherung bei Kenntnis der Umstände den Vertrag trotzdem geschlossen hätte, beispielsweise mit einem Risikozuschlag (RIZ) oder einem Leistungsausschluss (LA) für eine bestimmte Behandlungsart. Sie bekommen ein Weiterversicherungsangebot. Dies kann wie im u. g. Beispiel der ARAG aussehen.
Grafik – Screenshot aus einem Schreiben der ARAG Krankenversicherung AG
Sie erkennen, dass wenn das Verdachtsmoment ausreichend schwer ist, dass die PKV auch einige Jahre in die Vergangenheit gehen wird. Sie können nicht von einem Bestandsschutz ausgehen.
Im u. g. Beispiel war der VN kaum ein halbes Jahr versichert und im Rahmen einer Vorsorge-Untersuchung beim Allgemeinmediziner (Check-Up ü35) hat das PKVU-Unterlagen erhalten, für die nachträglich ein Zuschlag erhoben wird. Der Vermittler wird bei solchen Vorgängen teilweise völlig im Dunkeln gelassen.