Vorsicht Falle –Alternativen zum Krankentagegeld
Für alle „Alternativen“ zum normalen Krankentagegeld muss gesagt werden, dass sie Vor- und Nachteile haben. Jedoch ergeben sich für die meisten Produkte mehr Nach- als Vorteile, so dass diese keine wirkliche Alternative darstellen. Die Bezeichnung Teilkasko-Lösung ist daher angebracht.
Die Ausnahme bildet hier das Krankentagegeld für Arbeitgeber. Wenige Versicherungen bieten diesen Steuer optimierten Vertrag an, der über die Firma statt über die Privatperson abgeschlossen wird. Dies gibt einen steuerlichen Hebel ergibt, weil die Beiträge als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können, während die Einnahmen eine Betriebseinnahme wären, als durchlaufender Posten als Gehaltsauszahlung jedoch für die Firma neutral sind.
Leider wird oft eine vertriebliche Mogelpackung promotet, die Praxisausfallversicherung. Kein schlechtes Produkt, wenn es wahrheitsgemäß vermittelt wird.
Praxisausfallversicherung / Betriebsunterbrechungsversicherung mit AU-Leistung
Es gibt Anbieter, die werben mit einer Praxisausfallversicherung bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung, welche auch im Krankheitsfall leistet. Technisch ist die korrekte Bezeichnung Betriebsunterbrechungsversicherung, oft wird diese jedoch Praxisausfallversicherung genannt, bspw. die BUFT der Basler.[1]
Leider werden diese grundlegend sinnvollen Produkte oft nicht ehrlich vertrieben. Denn Sie werden als alternatives Krankengeld beworben, welches steuerlich als Betriebsausgabe absetzbar ist. Doch das ist nur die halbe Wahrheit!
Das private Krankentagegeld hat einen Bewertungsschlüssel von null in Bezug auf die steuerliche Absetzbarkeit. D. h. es kann bei der Steuer nur im Rahmen der Vorsorgeaufwendung berücksichtigt werden, wenn diese nicht bereits durch die Krankenversicherung voll ausgeschöpft sind. Das ist sehr selten der Fall. Daher kann das KTG fast nie bei der Steuer berücksichtigt werden. Dafür ist die Auszahlung steuerfrei.
Die Prämie der Betriebsunterbrechungsversicherung ist eine Betriebsausgabe. Sie gilt aber nicht uneingeschränkt als Betriebsausgabe! Denn nur der Prämienanteil, der auf die Betriebsunterbrechung fällt, ist steuerlich absetzbar.[2] Der Anteil für die Krankenversicherung ist es nicht![3]
Die Anbieter müssten diese Werte aufschlüsseln, wie der BFH schon für ähnliche Produkte geurteilt hat, etwa der Betriebs-Rechtsschutz mit Privatanteil.[4] Sie tun es aber oft nicht, wie im u. g. Beispiel der Basler erkennbar.
[1] „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 evbd AG – Produktseite Betriebsunterbrechungsversicherung https://www.premiumschutz.com/
[2] §12 I EStG „ohne Titel“ https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__12.html
[3] 2009-05-19 BFH Az. VIII R6/07 https://openjur.de/u/158973.html
[4] 1997-01-31 BFH – VI R 97/94 https://research.wolterskluwer-online.de/document/8da30f98-cb82-497e-b37d-08aeee8885fe

Grafik 261 – 2020-08-15 Screenshot von www.premiumschutz.com
Andere Anbieter sind transparenter, z. B. die Inter, welche im Antrag den Krankheitskostenanteil angibt, so dass eine korrekte steuerliche Erfassung möglich ist.

Grafik 262 – Inter KV AG Antrag Praxisausfallversicherung[1]
Vereinzelt gibt es temporär Prämiennachlässe. So wirbt die Inter z. B. mit einem Nachlass für das erste Vertragsjahr, wenn der Versicherte im Antrag auf die Aktion verweist:
„Der Aktionsrabatt DISQ in Höhe von 10% wird für das 1. Versicherungsjahr angerechnet. Ab dem 2. Versicherungsjahr entfällt der Rabatt.“[2]
Zusätzlich sind die Einnahmen einer Betriebsunterbrechungsversicherung vollständig bei der Steuer als zu versteuernde Betriebseinnahmen zu deklarieren. Stellen Sie dem keine Betriebsausgaben gegenüber, z. B. fortlaufende Lohnkosten der Praxisgehilfen, produzieren Sie ohne Not einen steuerlichen Nachteil.
Ob Ansprüche oder Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen gehören, beurteilt sich nach der Art des versicherten Risikos. Wenn es ein betriebliches Risiko ist, handelt es sich um Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben. Handelt es sich um ein außerbetriebliches Risiko, kämen die Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben in Betracht.[3]
Daraus folgt, dass die Anbieter die Prämie aufspalten müssten. Auf Nachfrage erklärt z. B. die Basler dem Vermittler, dass der Prämienanteil für die Betriebsunterbrechung nahezu null beträgt. Dies ist nicht für alle Anbieter der Fall; aber leider keine Seltenheit.
[1] 2022-08 Inter KV AG – Antrag Praxisausfallversicherung – Version S99980260111000 – S. 4
[2] „ohne Datum“, 2024-04-12 Aufruf Inter KV AG – Produkt des Jahres Aktionsrabatt Praxisausfallversicherung https://makler.inter.de/pav-produkt-des-jahres
[3] §10 I 3 EStG „ohne Titel“ https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__10.html
Die Finanzprüfer e.K. – Walter Benda
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Von: [geschwärzt]@basler.de
Gesendet: Dienstag, 2. Januar 2018 11:09
An: Finanzprüfer Walter Benda
Cc: [geschwärzt]
Betreff: Antwort: Steuerliches Problem der BUFT
Sehr geehrter Herr Brenda
,
der Anteil für Sachgefahren ist nahezu prämienneutral in unser Produkt eingeschlossen.
Eine separate Prämienaufteilung ist daher nicht möglich.
Wir bitten um Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen
[geschwärzt], Industriekunden-Service Basler Versicherungen
Grafik 263 – 2018-01-02 Rückmeldung Basler BUFT
Ferner sei die steuerlich geschuldete Aufteilung nicht möglich. Auf die u. g. entsprechende Nachfragen und Kritiken bleibt die Basler bis heute eine Antwort schuldig. Kein Einzelfall.
Von: [geschwärzt]@basler.de
Gesendet: Dienstag, 2. Januar 2018 14:10
An: Finanzprüfer Walter Benda
Cc: [geschwärzt]
Betreff: Steuerliches Problem der BUFT
Sehr geehrte/r [geschwärzt],
die KalkV ist sehr eindeutig und Versicherung bis ins letzte Details Auch eine Mischkalkulation hat Parameter, die zusammengerechnet ein nachvollziehbares Endergebnis ergeben, denn sonst dürfte der Tarif nicht in den Vertrieb und kein Treuhänder würde zustimmen.
Die Auskunft „geht nicht, da Mischkalkulation“ ist also fachlicher Unfug und vertrieblich nicht hinnehmbar. Von einem VU mit der Größe der Basler darf eine angemessene Antwort erwartet werden.
Ein frohes Weihnachtsfest gehabt zu wünsche ich ein frohes Neujahr, auf Antwort in 2018 wartend.
Mit freundlichen Grüßen, Walter Benda
Grafik 264 – 2018-01-02 Anfrage Basler wg. Steuerproblem BUFT
Hüten Sie sich vor Mogelpackungen! Es gibt zurzeit kein steuerlich absetzbares Krankentagegeld in Deutschland. Entsprechende Aussagen stiften indirekt zur Steuerunehrlichkeit an.
Vor- und Nachteile des Sachprodukts
Da es sich um ein Sachversicherungsprodukt handelt, ergeben sich weitere Nachteile im Vergleich zur Krankenversicherung, die am Beispiel der Basler BUFT aufgezeitg werden:
- Begrenzter Haftzeitraum (d. h. eine maximale Leistungsdauer), was ein zusätzliches KTG ab dem 365. nötig macht.
- Leistungsausschlüsse, die dem KTG weitestgehend unbekannt sind.
- Die Psyche muss oft gesondert versichert werden.
- Keine Leistung bei Wiedereingliederung, dem Hamburger-Modell etc., da eine 100% Arbeitsunfähigkeit vorliegen muss.
- Kündigungsmöglichkeit der Versicherung ohne pauschalen Kündigungsverzicht
Zwar handelt es sich nicht um ein KTG, jedoch leitet der Autor aus den MB/KT2009 ab, dass vor Abschluss eines KTG eine Praxisausfallversicherung angabepflichtig ist, wie es auch bei Unfall-KTG notwendig wäre.
Zurzeit bietet kein Anbieter „die“ perfekte Lösung an. Vereinzelte Mehrwerte (z. B. Nürnber 70% AU-Grenze, Quantum Life mit Kündigungsverzicht oÄ) sind im Einzelfall zu prüfen. Wegen der steuerlichen Gestaltung sowie der sonstigen Nachteile sind diese Produkte nur im Einzelfall bedarfsgerecht.
Da es sich um ein Sachprodukt mit Krankenversicherungs-Baustein handelt, liegt eine andere Produktkalkulation als bei der reinen PKV zu Grunde, weshalb die Risikoprüfen teils einfacher ist als beim konventionellen KTG. Speziell psychische Erkrankungen (bspw. sog. F-Diagnosen) sind kein automatisches K.O.-Kriterium, weil die Produkte keine Leistung dafür vorsehen und daher nur bei Multi-Morbidität bzw. Komorbiditäten mit Einschränkungen zu rechnen ist. Leider haben ca. 80% der F-Diagnseon mehr als eine Diagnose.[1]
Durch die niedrigere Leistung wird zumeist eine niedrigere Prämie verlangt.
Die Hauptgründe für den Abschluss einer Praxisausfallversicherung sind damit:
- Steuerlich teilweise absetzbar
- IdR günstigere Prämie (auch ohne Steuervorteil)
- IdR einfachere Gesundheitsfragen
- Abschluss über Höchstversicherungsgrenze der PKV hinaus (z. B. niedergelassene Ärzte)
Praxisausfallversicherung – Ein Beispiel
Anbei ein Beispiel einer niedergelassenen Ärztin (Jahrgang 1980), welche bei der Allianz mit 300€ Krankentagegeld PKV-Versicherte war, jedoch im Krankheitsfall 750€ Krankentagegeld benötigte. Leider bot die Allianz keine KTG-Erhöhung an, weshalb die versicherte Ärztin Alternativen benötigte. Aus Vereinfachungsgründen wie im u. g. Bsp. so getan, als ob eine Erhöhung der Allianz möglich gewesen wäre; die Prämien wurden umgerechnet. Aufgrund gleichartiger Tarife wird unten nur die Einkommenssituation betrachtet.
[1] 2024-09 ALH Gruppe – Dr. Rickmann & Cornelia Schwarz – Fälle mit mehreren psychischen Diagnosen – S. 5 | Sekundärquelle aus: Jacobi, F. et al. Mental disorders in the general population. Study on the health of adults in Germany and the additional module mental health (DEGS1-MH). Nervenarzt 85, (2014)
Vorheriger Stand | Alternativangebot 1 – Mischmodell alt & neu | Alternativangebot 2 – Mischmodell neu | Alternativangebot 3 – Alles neu |
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100% Allianz inkl. KTG | Allianz inkl. KTG plus Inter Praxisausfallversicherung |
Hallsche inkl. KTG plus Inter Praxisausfallversicherung |
100% Hallesche inkl. KTG |
107,47€ für KTG 029-300€ | 107,47€ für KTG 029-300€ 024,30€ für KTG 365-450€ 119,33€ für PAV 021-450€ |
049,50€ für KTG 029-150€ 024,00€ für KTG 365-600€ 119,33€ für PAV 021-600€ |
247,50€ für KTG 29-750€ |
107,47€ Unzureichender Schutz Steuerlich nicht absetzbar |
251,10€ Passender Schutz Steuerlich teils absetzbar |
192,83€ Passender Schutz Steuerlich teils absetzbar |
247,50€ Passender Schutz Steuerlich nicht absetzbar |
Obwohl die Person schon fünf Jahre bei der Allianz versichert war, war es möglich durch einen optimierten Schutz bei gleicher Prämie die Versorgungssituation zu verbessern. Die Vorgabe KTG29-300 bei der Allianz erfolgte durch die VN, obwohl aus fachlicher Sicht ein KTG29-150 plus ein PAV21-600 sinnvoller wäre.
Zu beachten ist, dass ein KTG365 notwendig wird, wenn die Leistung der Praxisausfallversicherung endet. Gleiches gilt für die Höhe der Leistung, denen Betriebsausgaben gegenüberstehen sollten. Ein PKV-Wechsel sollte aber nur in solchen begründeten (!) Ausnahmen erfolgen, wobei der Beitrag alleine kein Grund sein sollte.
Risiko Steuerbetrug
In der Praxis spielen einige Vermittler und VN auf Lücke und begehen Steuerbetrug, indem die volle Prämie als Betriebsausgabe angesetzt wird, hoffend dass entweder keine Betriebsprüfung erfolgt oder der Betriebsprüfer die fehlende, notwendige Prämienaufteilung nicht erkennt, da die Versicherungen ihre Dokumente tendenziös gestalten.
In einem etwaigen Rechtsstreit wird nicht die Prämie als Streitwert zu Grunde gelegt, sondern der dreieinhalbjährige Leistungsanspruch vor Steuern,[1] der aufgrund der überlicherweise mitversicherten Betriebsausgaben und Steuern deutlich höher als beim KTG ist.
Neben den Rechtsverfolgungskosten ist damit zu rechnen, dass die ungerechtfertigt abgezogene Prämie mit Zinsen nachversteuert wird. Eine Anzeige wegen Steuerbetrug könnte zusätzlich erfolgen, insofern die Straftat nicht zur Zahlung einer sog. „außerordentlichen Streitbelegung“ nicht zur Verfolgung gebracht wird.
Betrug lohnt sich nicht und für dieses Produkt gibt es bereits Urteile; drum seien Sie ehrlich!
[1] 2021-10-26 IWW – Krankentagegeldversicherung: Streitwert richtet sich nach geschuldeter Leistung https://www.iww.de/rvgprof/streitwertecke/streitwertecke-krankentagegeldversicherung-streitwert-richtet-sich-nach-geschuldeter-leistung-f140978?utm_campaign=nl-rvgprof&utm_source=iww-newsletter&utm_medium=email&utm_content=2021-10-26