Eigentlich war die GKV bei Psychotherapie einigen PKV-Tarifen überlegen, speziell den alten Tarifen von vor der unisex-Einführung. Zumindest für die stationäre Psychotherapie ändert sich das jetzt.
Der Artikel ist zweitgeteilt. Erst ein allgemeiner Teil, warum stationäre Psychotherapie wichtig ist und vollumfänglich in eine gute PKV gehört. Jaaa, es hat SEO-Gründe. 😉
Der zweite Teil ist ein aktualisierter Auszug aus HOW2PKV, der die neuen Erkenntnisse samt Rechtsquellen verlinkt.
Warum stationäre Psychotherapie wichtig ist und vollumfänglich in der privaten Krankenversicherung versichert sein sollte
Psychische Erkrankungen sind eine der großen gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit mehr als 300 Millionen Menschen an Depressionen, und die Zahl derjenigen mit Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen ist ebenso erschreckend hoch. Während ambulante Psychotherapie in vielen Fällen ausreichend sein mag, gibt es zahlreiche Situationen, in denen eine stationäre Behandlung unabdingbar ist. In diesem Artikel werden die Kosten, der Nutzen und die Abgrenzung zur ambulanten Psychotherapie erläutert und aufgezeigt, warum die stationäre Psychotherapie in der privaten Krankenversicherung (PKV) vollumfänglich abgesichert sein sollte.
Kosten von psychischen Erkrankungen für Individuum und Gesellschaft
Psychische Erkrankungen können massive Kosten verursachen – sowohl für die betroffene Person als auch für die Gesellschaft insgesamt. Betroffene erleben nicht nur emotionale Belastungen, sondern müssen oft mit gravierenden sozialen und beruflichen Konsequenzen leben. Langzeitfolgen können Arbeitsplatzverlust, soziale Isolation und chronische Erkrankungen sein. Mal ehrlich: Es geht niemand hin und schreit erfreut hinaus, dass er Hilfe benötigt, da es immer noch stark (?) stigmatisiert ist.
Aus gesellschaftlicher Perspektive führen psychische Erkrankungen zu Produktivitätsverlusten, hohen Krankheitsausfallzeiten und einer erheblichen Belastung des Gesundheitssystems.
Die Kosten stationärer Psychotherapie erscheinen auf den ersten Blick hoch. Ein Aufenthalt in einer spezialisierten Klinik kann zwischen 6.000 und 10.000 Euro pro Monat kosten, wobei das die untere Messlatte ist.
Doch im Vergleich zu den Langzeitkosten unbehandelter oder nicht ausreichend behandelter psychischer Erkrankungen, wie etwa Langzeitarbeitslosigkeit oder Frühverrentung, relativieren sich diese Ausgaben. Studien belegen, dass effektive psychotherapeutische Behandlungen, insbesondere stationäre Therapien, langfristig Kosten sparen können, da sie Rückfälle verhindern und die Genesung nachhaltig stabilisieren.
Nutzen stationärer Psychotherapie
Stationäre Psychotherapie bietet gegenüber ambulanten Ansätzen entscheidende Vorteile, insbesondere bei schweren oder komplexen Erkrankungen:
- Intensive Betreuung: In einem stationären Setting kann eine intensive und kontinuierliche Betreuung gewährleistet werden. Patienten haben Zugang zu einem multidisziplinären Team aus Psychotherapeuten, Ärzten, Sozialarbeitern und Pflegekräften. Dies ermöglicht eine umfassende Behandlung, die alle Aspekte der Erkrankung berücksichtigt.
- Therapeutische Vielfalt: Stationäre Einrichtungen bieten ein breites Spektrum an Therapiemöglichkeiten, darunter Einzel- und Gruppentherapien, körperorientierte Verfahren, Kunsttherapie und Ergotherapie. Diese Vielfalt ist im ambulanten Rahmen oft nicht umsetzbar.
- Geschützter Raum: Eine stationäre Umgebung bietet Patienten einen geschützten Raum, in dem sie sich ganz auf ihre Genesung konzentrieren können. Ablenkungen und Belastungen des Alltags entfallen, was insbesondere bei akuten Krisen oder Traumata wichtig ist.
- Krisenintervention: Stationäre Kliniken können in akuten Krisen schneller und effizienter reagieren. Sie bieten eine sichere Umgebung für Menschen, die suizidgefährdet sind oder sich in einer schweren psychischen Notlage befinden.
- Nachhaltigkeit: Langzeitstudien zeigen, dass stationäre Psychotherapie oft nachhaltigere Ergebnisse erzielt als alleinige ambulante Behandlungen. Patienten profitieren von einer umfassenden Stabilisierung und können anschließend besser in eine ambulante Weiterbehandlung überführt werden.
Abgrenzung zur ambulanten Psychotherapie
Die ambulante Psychotherapie spielt zweifellos eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem. Sie eignet sich besonders für Patienten mit leichteren bis mittelschweren Störungen oder als Nachsorge nach einer stationären Behandlung. Dennoch gibt es klare Grenzen:
Warum die PKV stationäre Psychotherapie vollumfänglich versichern sollte
Die private Krankenversicherung spielt eine entscheidende Rolle in der Gesundheitsversorgung. Ihre Flexibilität und die Möglichkeit, hochwertige Leistungen anzubieten, machen sie zu einem wichtigen Partner im Gesundheitswesen. Dennoch gibt es immer wieder Diskussionen darüber, in welchem Umfang stationäre Psychotherapie von der PKV übernommen werden sollte.
Praxiserfahrung: Wer sich PKV versichern kann, ist zumeist überdurchschnittlich gesund, was oft zur abweisenden Mentalität führt, dass man ja nicht betroffen sei(n könnte). Ein fataler Irrtum, denn gerade Psychotherapie ist ein Bereich, der sich der vermeintlichen Kontrolle der Versicherten entzieht.
Hier sind einige Gründe, warum eine vollumfängliche Versicherung unbedingt notwendig ist:
Update HOW2PKV
Wie häufig treten psychotherapeutische Behandlungen auf?
Anbei ein Update aus HOW2PKV bezüglich der Häufigkeit, wobei die Dunkelziffer deutlich größer ist; wahrscheinlich! Seriöse Schätzungen dazu halte ich indes für nicht möglich, sondern Kaffeesatzleserei.
Die stationäre Psychotherapie ist besoners für Kinder wichtig. Aber auch für Erwachsene nach einem Unfall, Trauerfall, Trauma etc. Die Kosten für einen Aufenthalt hier sind hoch vierstellig, bei längerer Dauer schnell hoch fünfstellig.Und mit fast einer Millionen Leistungsfälle pro Jahr in 2020 nur für Kassenpatienten, ist es keine Randerscheinung, die ignoriert werden kann. Die stationäre Psychotherapie ist eine gängige Behandlung in der deutschen Medizin. Die Leistungsfälle durch Drogenmissbrauch betragen dabei ca. 100.000 Fälle, womit es nicht auf ein Problem für Suchtkranke oder psychisch labile Menschen reduziert werden kann. Dabei sind ca. 80% der Fälle Einzelfälle und keine „psychischen Wracks“, die Multi-Diagnosen haben.Die Medizin ist mittlerweile der Ansicht, dass die stationäre Psychotherapie in vielen Fällen Vorteile gegenüber der ambulanten Psychotherapie hat. Neben den Behandlungsvorteilen wird auch oft eine massiver Geschwindigkeitsvorteil erzielt, teils das zehnfache einer ambulanten Therapie.
Quellenangaben
2020-03 Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung e.V. – Report Psychotherapie 2020 S. 21
GKV-Kürzungen bei stationärer Psychotherapie
Anbei ein Update des letzten Absatzes aus HOW2PKV.
Das BSG hat kürzlich bestätigt, dass künftig seitens der GKV Kürzungen bei psychosomatischen Kliniken durchgeführt werden dürfen, wenn der Personalschlüssel nicht eingehalten wird. Jener Personalschlüssel, der vom GBA festgelegt wird und der schon heute nicht eingehalten wird…
In der Folge ist damit zu rechnen, dass mehr Leistungen privat abgerechnet werden, wenn nicht gänzlich auf Privatpatienten abgestellt wird, wo diese Einschränkung (noch) nicht gilt.
Die stationäre Psychotherapie sollte zeitlich unbegrenzt in voller Höhe mitversichert sein.
Eine monetäre orientierte Verzerrung der Heilbehandler hin zur stationären Psychotherapie ist unwahrscheinlich. Therapeuten bzw. Psychater haben lange Wartelisten. Die GKV leistet umfangreich, besser als einige PKV-Tarife, speziell Alt-Tarife von vor der unisex-Einführung im Jahr 2009.
Aber Psychosomatische Kliniken haben ab 2026 bei Kassenpatienten mit Leistungskürzungen[1] zu rechnen, wenn sie den nötigen Personalschlüssel nicht unterhalten,[2] was sowohl für Ärzte als auch Pfleger gilt. Der universelle Personalmangel ist unbestritten, dennoch sind diese Vergütungsabschläge mit höherrangigem Recht vereinbar, da genug Zeit zur „Umstellung“ bliebe.[3] Dies wurde in mehreren Verfahren parallel bestätigt.[4] Es damit zu rechnen, dass daher zunehmend Leistungen entweder privat abgerechnet werden oder ganz auf Privatzahler ausgelagert werden, womit es zum PKV-Fall würde, der wachsende Bedeutung gewinnt.
Quellenangaben
[1] §137 I SGB V Durchsetzung und Prüfung der Qualitätsanforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__137.html
[2] §136a II SGB V Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung in ausgewählten Bereichen https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__136a.html
[3] 2024-12-20 BSG – Stationäre Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik müssen Personaluntergrenzen einhalten https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/2024_37.html;jsessionid=0AC333DE9A58642A4F3E85EA26AFF87C.internet951
[4] 2024-12-19 BSG – Az. B 1 KR 16/23 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2024/2024_12_19_B_01_KR_16_23_R.html; 2024-12-19 BSG – Az. B 1 KR 17/23 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2024/2024_12_19_B_01_KR_17_23_R.html; 2024-12-19 BSG – Az. B 1 KR 19/23 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2024/2024_12_19_B_01_KR_19_23_R.html; 2024-12-19 BSG – Az. B 1 KR 26/23 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2024/2024_12_19_B_01_KR_26_23_R.html
Fazit zu stationärer Psychotherapie
Stationäre Psychotherapie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Versorgung von Menschen, jenen mit psychischen Erkrankungen sowie all jenen, die es noch werden könnten. Ein Menschenleben lang ist eine sehr lange Zeit, in der viel passieren kann…
Sie bietet Vorteile, die über das hinausgehen, was ambulante Ansätze leisten können, und ist besonders bei schweren oder komplexen Störungen essenziell. Angesichts der Kosten-Nutzen-Bilanz und der gesellschaftlichen Bedeutung psychischer Gesundheit sollte die private Krankenversicherung stationäre Psychotherapie vollumfänglich abdecken. Ansonsten zahlst Du es aus deiner eigenen Tasche!
Diese Maßnahme würde nicht nur den Betroffenen helfen, sondern auch langfristig Kosten reduzieren und zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beitragen. Aber ich erwarte nicht, dass eine derart vorausschauende Sicht bei allen Akzeptanz findet. 😉
Was ist jedoch erwarte, ist eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Am besten, indem ein Termin für PKV-Beratung bei mir gebucht wird. Und diese am besten jetzt, denn es kostet nichts extra und zu Jahresanfang ist noch etwas mehr Luft, um sich strategische Gedanken zu machen.