Das Hybridmodell der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), bestehend aus dem Wahltarif Kostenerstattung und einer zusätzlichen privaten Krankenversicherung, stellt eine besondere Lösung dar. Es richtet sich an Versicherte, die nicht in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln können oder wollen, aber bereit sind, mehr für ihre Gesundheit zu investieren. Eine zentrale Frage für diese Versicherten ist, wie ihre Beiträge steuerlich geltend gemacht werden können. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun Klarheit zu den steuerlichen Regeln für dieses Modell geschaffen.
Daher habe ich einen ausführlichen Fachartikel samt Quellenangaben dazu geschrieben, der beim IWW veröffentlicht wurde. Leider steht dieser hinter einer Paywall (nur für Abonennten frei), weshalb es hier eine vereinfachte Version davon gibt. Vereinfacht, damit ich nicht gegen meinen Autoren-Vertrag verstoßen.
Wer Fragen hat oder eine Beratung dazu benötigt, möge bitte umgehend einen Termin buchen; am besten jetzt! ;)
GKV, PKV und die Steuern
Was gilt für den Sonderausgabenabzug von Versicherungsbeiträgen?
Grundsätzlich gilt für den Abzug von Versicherungsbeiträgen ein Höchstbetrag von 2.800 Euro für sonstige Vorsorgeaufwendungen. Dieser Betrag reduziert sich auf 1.900 Euro für Steuerzahler, die Anspruch auf eine vollständige oder teilweise Erstattung ihrer Krankheitskosten haben oder Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten (§ 10 Abs. 4 EStG), was zumeist Arbeitnehmer, Beamte sowie nicht sozialversicherungsbefreite GF, GGF sowie Vorstände sind.
Eine Ausnahme besteht jedoch für Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) und b) EStG). Diese sind nach Abzug steuerfreier Zuschüsse in unbegrenzter Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig. Das bedeutet, der Höchstbetrag von 1.900 bzw. 2.800 Euro gilt nicht für diese Beiträge. Sie können somit in voller Höhe von der Steuer abgesetzt werden.
Diese uneingeschränkte Abzugsfähigkeit führt allerdings dazu, dass andere Vorsorgeaufwendungen regelmäßig nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können. Meist überschreiten die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung bereits den Höchstbetrag, sodass kein Spielraum für weitere Versicherungsbeiträge bleibt. De facto kann daher meist nur die GKV bzw. PKV steuerlich angesetzt werden, außer der Versicherte leistet Vorauszahlungen, wie im Kapitel Steuern von HOW2PKV beschrieben.
PKV und GKV im Vergleich: Nur ein Beitrag steuerlich absetzbar
Wer sowohl in der GKV pflichtversichert ist als auch eine PKV-Vollversicherung abgeschlossen hat, kann nur die Beiträge zur GKV steuerlich absetzen. Die PKV-Beiträge bleiben unberücksichtigt. Diese Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wurde durch den BFH bestätigt (Urteil vom 29.11.2017, Az. X R 5/17).
Wenn sich daher Pflichtversichert GKV-Mitglieder eine zusätzliche PKV leisten, wird diese komplett aus dem Netto bezahlt. Das gleiche Problem stellt sich, wenn beispielsweise die Eltern in der PKV sind, die Kinder aber in der GKV verbleiben (z. B. wegen schlechter oder fehlender Kindernachversicherung).
Sonderfall: Kostenerstattungstarife als Hybridmodell
Ein Sonderfall, der bisher unberücksichtigt blieb, betrifft GKV-Versicherte mit einem Wahltarif zur Kostenerstattung und einer zusätzlichen privaten Krankenversicherung zur Deckung von Restkosten. Diese Versicherten sind formal Mitglied einer GKV, nutzen jedoch faktisch Leistungen ähnlich denen einer PKV, abhängig von ihrem Tarif.
Der Ablauf entspricht dem, wie er bei Beamten praktiziert wird. Der Heilbehandler stellt drei Rechnungen, wobei eine für die GKV ist. Nach deren Ersterstattung folgt eine Weiterleitung an die PKV als ZKV, welche die Restkosten bezahlt. Und die dritte Rechnung dient der steuerlichen Vollständigkeit für den VN.
Das GKV-Hybridmodell ist für einige Versicherte sinnvoll, braucht aber eine ausführliche Beratung.
Die Argumente des Versicherten sind krude
Argument des Versicherten: Einheitliche Betrachtung
Ein Versicherter argumentierte, dass diese Kombination als Einheit betrachtet werden müsse und somit eine steuerliche Anrechenbarkeit möglich sei. Das ist nicht dumm, jedoch sachlich unzutreffend, da ein politisch variables System und ein Vertragstreue System (pacta sunt servanda) nie eine Einheit darstellen können, sondern komplementär wirken.
Stützargument bessere Versorgung im Basistarif
Als Begründung führte der Kläger ferner an, dass der Basistarif der PKV ein besseres Versorgungsniveau biete und auch schneller Termine ermöglicht würden. Schlussfolgerung: Da die Beiträge zum PKV-Basistarif unstrittig steuerlich abzugsfähig sind, müsse dies auch für inhaltsgleiche Kombinationen gelten.
Dass Versicherte im Basistarif (BTN) besser versorgt sein, ist ein Ammenmärchen, denn in die Presse ist voller Artikel, die das Gegenteil verkünden. Auch aus meiner Beratungspraxis kann ich das bestätigen. Der BTN ist eine Notlösung und keinesfalls geeignet, um ein besseres Versorgungsniveau zu gewährleisten. Zudem ist das auch inhaltlicher Mist, der BTN nicht bis zum Höchstsatz der Gebührenordnung für Ärzte (3,5x GOÄ) leistet, sondern weniger.
Unter Berücksichtigung der steuerlichen Absetzbarkeit ist das ein Eigentor!
Was bedeutet die BFH-Entscheidung in der Praxis?
Selbst wenn die Argumentation des Versicherten Erfolg gehabt hätte, wäre der steuerliche Vorteil minimal gewesen, da der Abzug für Zusatzleistungen ohnehin nicht möglich ist. Für Arbeitnehmer ist das Hybridmodell zusätzlich nachteilig, da für die Zusatzversicherung keine Zuschüsse gewährt werden, was bei einer vollwertigen PKV der Fall wäre. Dies macht die PKV oft zur besseren Wahl. In jedem Fall ist jedoch eine Einzelfallbetrachtung notwendig, sprich eine Beratung.
Die Entscheidung des BFH bestätigt den steuerlichen Status quo. Das GKV-Hybridmodell bleibt eine Nische für Versicherte, die nicht in die PKV wechseln können oder wollen, jedoch bereit sind, für eine bessere Versorgung tiefer in die Tasche zu greifen. Wer daher wissen mag ob PKV, GKV mit Zusatz-KV (ZKV) oder Hybridmodell mit Kostenerstattungs- und Wahltarif, kommt um eine Beratung nicht umher. Drum anfragen, am besten jetzt! ;)
Was jetzt: GKV-Hybridmodell oder PKV?
Die Antwort steht auf der RückseiteEs gibt keine pauschal richtige Antwort. Oft ist die PKV besser, aber nicht immer.
Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet. Am besten durch eine fundierte Beratung!
BFH-Urteil: Keine unbeschränkte Abzugsfähigkeit bei Doppelversicherung
Der BFH widersprach dieser Auffassung. Die Beiträge, die über die Basisversorgung der GKV hinausgehen, können nicht steuerlich abgezogen werden (BFH, Beschluss vom 17.07.2024, Az. X B 104/23).
Ergibt Sinn, denn bei einer PKV gilt genau das Gleiche, da nur die Basisversorgung steuerlich anrechnungsfähig ist.
Auch wenn GKV-Versicherte mit Wahltarif Kostenerstattung anstelle der regulären GKV-Leistungen zusätzliche private Krankenversicherungen abschließen, um die Differenz zu Privatliquidationen zu decken, bleibt die Abzugsfähigkeit begrenzt.
Und selbst wenn dem nicht so wäre, hätte der Kläger nichts gewonnen, denn die Zusatzleistungen wären nicht steuerlich absetzbar. Ich wage schwer zu bezweiflen, ob er sich damit wirklich besser gestellt hätte, denn die Differenz von Faktor 1,8 bis 3,5x GOÄ für Basisleistungen würden nur einen Bruchteil der Gesamtprämie ausmachen, welche die PKV (idF war es die DKV; erkennbar an den Tarifbezeichnunen im Urteil) zudem manuell ausweisen sowie ans Finanzamt melden müsste. Die bekommen die Vorsorgeaufwendungen so schon nicht ohne weiteres geregelt, da hätte das hier noch gefehlt…