Weder Cyborg-Warrior noch Jesus-Widerauferstehung durch die GKV
Was machen Versicherungsmakler eigentlich den ganzen Tag? Neben Geldscheinen zählen…
… sich unter anderem die freakigen Wünsche Ihrer Kunden anhören, die trotz aller Absurdität ordnungsgemäß beantwortet werden müssen. Das hier ist mal wieder ein Fall für das Kuriositätenkabinett!
#Makleralltag #PKV #PKV #SterbenIstScheiße #Cyborg #Biostase #Krykonservierung
Der Cyborg-Warrior
Vor ein paar Tagen hatte ich wieder so einen IT-Guy im Sheldon Cooper Format zur Beratung. Eigentlich sehr geiles Klientel, denn die kommen gut belesen und verstehen auch komplexe Sachzusammenhänge. Nur manchmal treiben deren Gedanken Stilblüten, die sich nicht unbedingt erschließen…
Dieser Sheldon hat anscheinend zu viel Sci-Fi konsumiert, denn er wollte verbindlich wissen, wie es mit der Transplantation seiner Organe, spz. seines Gehirns, in einen Cyborg-Körper bestellt ist. Hilfsweise, und darauf legte er Wert, „konservierende Maßnahmen jedweder Art“, beispielsweise in flüssigem Stickstoff bei -196°. Er wüsste, dass die heutige Medizin „kaum fortgeschrittener als der Aderlass“ sei, wäre aber guter Dinge, dass „brilliante Köpfe künftig non-organische Behandlungserfolge erzielen könnten“. Ich mein, könnte ja sein, dass später Methoden erfunden werden, die uns heute wie Sci-Fi vorkommen. Vor 1.000 Jahren hätte auch niemand geglaubt, dass wir Hochleistungsprozessoren im Trench-Lighter Format in unseren Hosentaschen haben, die in Echtzeit eine Kommunikation um den Globus erlauben. Der Scheiterhaufen wäre die Folge gewesen; wenn nicht Schlimmeres.
Alberne Frage, ernste Antwort
Offenkundig war dieser Sheldon nicht der Erste seiner Art. Ein Gleichgesinnter hat einen ähnlichen Unfug bis vor das BSG duchgeklagt, wo er verlor. Ich habe mir das entsprechende Urteil rausgesucht, mein Buch angepasst und musste dem armen Tropf eine ernüchternde Antwort schreiben.
Auszug aus HOW2PKV im Kapital über Hospiz und die Palliativstation
Klar-Text aus dem Buch, falls Bildfehler oder Darstellungsprobleme auftreten
Die Musterbedingungen MB/KK 2009 der PKV sehen keine Leistungen für die Palliativversorgung bzw. das Hospiz vor, wenn es sich nicht um Maßnahmen handelt, die im Zusammenhang mit dem definierten Leistungsfall stehen. Bei gesetzlich Versicherten werden die Kosten zu 90% aus der Pflegeversicherung gezahlt, bei Kinderhospizen 95%,[1] wobei die Mindestverweildauer von 28 Tagen auf Antrag verlängert werden kann.
Die Kryokonservierung (z. B. als Biostase) einer Person oder eines Leichnams stellt keine Heilbehandlung im Sinne des SGB 5 dar, auch wenn eine entfernte Aussicht darauf bestünde, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Behandlung der heute terminalen Krankheit bzw. Altersdegeneration therapierbar wäre. Besonders ist dabei, dass die Konservierung eines Lebenden eine verbotene Tötung auf Verlangen darstellt, die zzt. nicht erlaubt ist.[2] Dieser Grundsatz würde nach Meinung des Autors auch auf eine PKV angewandt werden.
[1] §39a SGB V Stationäre und ambulante Hospizleistungen https://dejure.org/gesetze/SGB_V/39a.html
[2] 2022-03-16 BSG – Az. B 1 KR 29/21 B https://openjur.de/u/2393896.html
Kurzum: Abgefahrener Zukunftskram kommt bestimmt, wird aber heute nicht bezahlt, weil weder die unbestimmte Leistung noch der Tod auf Verlangen zur anschließenden Widerauferstehung der Gemeinschaft aufgelastet werden darf. Nicht verwunderlich, denn das Urteil überzeugt inhaltlich.
Ein kleiner Teil in mir ist dennoch traurig, denn in der Folge werde ich wohl – zum Glück der restlichen Menschheit – nicht in einen mit vollautomatischen Waffen und Raketenwerfern bestückten Cyborg verwandelt. Bleiben wohl nur Video-Spiele…
Selbst ist der Mann!
Zurück zu Sheldon. Der hat die Nachricht leider nicht besonders gut aufgenommen. Da ich glaube, dass sein sehr eigensinnlicher Schreibstil ihn offenbaren würde, gebe ich daher nur die inhaltlichen „Gründe“ wieder, wie er das „Problem“ zu lösen gedenkt.
Sinngemäß will er sich aus Deutschland abmelden, eine internationale KV ohne Rückstellungen abschließen, den AG-Zuschuss (dem er das nicht melden wollte) als versteuerten Gehaltsbestandteil sparen, um später genug Kapital zur eigenfinanzierten Konservierung zur Verfügung zu haben. Sein unternehmerisches next unicorn Projekt wird dabei natürlich ein paar der notwendigen Millionen erwirtschaften…
Leider war er meinen Argumenten nicht zugänglich. Als ich ihm beispielsweise den AG-Betrug erklärte, meinte er nur, dass er die Leistung natürlich versteuern wird und eine AGG-Klage anstreben würde, denn es sei ja „nicht gerecht, dass er Arbeitgeberersparnisse aufgrund einer Gesundheitsbeschneidungen nicht als Lohnausgleich zugewandt bekäme. Dem Arbeitgeber würde keine Mehrbelastung entstehen, wenn er ihn genau so weitervergütet, wie bisher.“ Er war sich auch sicher, dass er das bis vor das Bundesarbeitsgericht bringen könnte.
Die PKV war dann natürlich auch fürchterlich enttäuschend, denn unter Vertragsfreiheit versteht er auch die Möglichkeit neue, sowie individuelle Leistungspunkte zu „verhandeln“. Wie diese in Form einer rechtssicheren Kalkulation eingepreist werden sollen, ohne dass seine Monatsprämie fünfstellig wird, konnte (ehrlicherweise vermute ich wollte) er mir nicht beantworten.
Dann kamen noch ein paar wirre Ausführungen über Leistungsträger der Gesellschaft, Outperformer und sehr fragwürdige Weltansichten.
Die Moral von der G‘schicht
Dumm gelaufen, da kein PKV-Abschluss! Aber ein sehr origineller Austausch, der immerhin für eine erheiternde Alltagsanekdote reicht.
Warum diese Irren gefühlt überdurchschnittlich oft bei mir landen, ist vermutlich eine wissenschaftliche Ausarbeitung wert. Oder halt nur Pech. Gelacht habe ich trotzdem! Und ich hoffe das konntest Du, nebst Kopfschütteln, auch.
Solltest Du eine gute Beratung zur PKV wünschen, sowie akzeptieren, dass Du kein Cyborg auf Kosten der Solidargemeinschaft wirst, dann frag gerne an. 😉