Arznei- und Verbandsmittel

Die meisten Tarife sehen eine sehr hohe Erstattung vor. Sie müssen entscheiden, ob Sie Vollkasko (100%) oder Teilkasko (<100%) absichern möchten. Die Empfehlung geht zu 100%, weil Sie sonst bei einer Krankheit ggf. empfindliche Zuzahlungen leisten müssen. Arzneimittel sind der größte Treiber der Hochkostenfälle der PKV, die dabei teilweise in die Millionen pro Kunde gehen. So kosten z. B. Krebsmedikamente an die 500.000€. Bluter-Medikamente kosten Millionen.[1] Bspw. kostet ein Medikament gegen spinale Muskelatrophie – eine Erbkrankheit, die bereits im Kindesalter auftreten könnte – ca. 2,2 Millionen Euro, wobei auch die alternativen Behandlungen Millionen kosten.[2] Dabei sind die Preise – und leider auch die durchschnittliche Qualität – bereits gesunken, weil die PKV in die Preisverhandlungen der GKV ein gezwungen wurde, was als Vorbereitung der Bürgerversicherung durch die Hintertür gilt.[3] Es ist eine Verfassungsbeschwerde anhängig, die den erzwungenen PKV-Preisabschlag in Frage stellt, da der Verweis auf §130a SGB V als unzulänglich angesehen wird.[4]

Einige Tarife machen die 100% Erstattung davon abhängig, ob Sie bestimmte Bezugsquellen benutzen, z. B. Partner-Apotheken oder Bezug über die Versicherung. Andere leisten nur 100% für ein Generikum, außer es liegt eine Unverträglichkeitsbescheinigung vor. Diese Einschränkungen erscheinen hinnehmbar. Nie geleistet wird für rezeptfreie Arzneimittel, die auf der OTC-Liste des G-BA stehen.[5] Umfang und Rechtmäßigkeit der Liste, von Ausschlüssen, Off-Label-Use und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind seit jeher kontrovers diskutiert. Daran ändert auch die letzte große Studie nichts.[6]

Im Allgemeinen muss das Arzneimittel von einem schulmedizinischen Behandler verschrieben sein, von der Apotheke bezogen werden und wegen einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung erfolgen. So ist beispielsweise die Verschreibung von medizinischem Cannabis zur Bekämpfung einer Alkoholsucht („Saufdruck“ sic!) nicht versichert, wenn es andere schulmedizinische Behandlungen gibt, etwa eine Entzugsklinik, die zur Problemlösung beitragen können.[7] Wenn jedoch der Heilbehandler eine ausführliche Analyse erstellt, die Vor- und Nachteile abwägt, dann könnte in Ausnahmefällen auch der Bezug von Betäubungsmittel versichert sein. Die Krankenkasse dürfte in so einem Fall nur noch prüfen, ob die Zusammenhänge nicht völlig unplausibel sind. Dabei wäre der günstigste Bezug zu berücksichtigen.[8]

Zwar ist der Arzneimittelbegriff[9] sehr weit gefasst und die Musterbedingungen[10] – die keine eigene Definition vorgeben – haben eine vergleichsweise weite Formulierung, aber es gibt Lücken, u. a. durch konkrete Gesetzesausschlüsse. Der häufigste Fall sind medikamentenähnliche Nährmittel, bspw. hochkalorische oder niedrigkalorische Nahrung. Diese sind nur in Ausnahmefällen versichert, z.B. um Mukoviszidose vorzubeugen. Daraus entsteht ein Restrisiko, das vierstellige Kosten im Monat verursachen könnte, wenn der Patient künstliche Ernährung benötigt.[11] Viele dieser Mittel sind als sog. Nahrungsergänzungsmittel bei den Arzneimittelrichtlinien der GKV ausgeschlossen, die nicht einmal eine bedarfsbedingte Einzelfallprüfung vorsehen, wenn der Nutzen im Einzelfall belegt ist.[12] Ohne erweiternde Klauseln wird dieser Maßstab von der PKV ebenfalls zu Grunde gelegt.

ü Mindestanforderung Arznei- & Verbandsmittel

Arznei- und Verbandsmittel ohne Zuzahlung versichern.

Medikamentenähnliche Nährmittel (z. B. Sondennahrung etc.) versichern.

+ Optimum Arznei- & Verbandsmittel

Optimum entspricht dem Minimum.

  1. 2020-04 DAV Aktuar Aktuell 49 S. 8 & 9 https://aktuar.de/politik-und-presse/aktuar-aktuell/Documents/Aktuar%20Aktuell%20Nr.49.pdf
  2. 2021-12-07 wissensschau.de – Zolgensma – Gentherapie gegen spinale Muskelatrophie https://www.wissensschau.de/genom/gentherapie_zolgensma_spinale_muskelatrophie.php
  3. 2013 ZVersWiss – 102 S. 84 – Schöpft die PKV den Rahm ab? Eine spieltheoretische Analyse der Effekte der PKV auf die Medikamentenqualität https://sci-hub.ru/10.1007/s12297-013-0227-5
  4. 2016 MedR 34 S. 242 – Offene Verfassungsfragen der Arzneimittelrabatte zugunsten der Privaten Krankenversicherung https://sci-hub.ru/10.1007/s00350-016-4241-1
  5. „ohne Datum“, Aufruf 2021-11-30 mit Stand 2021-10-12 Gemeinsamer Bundesausschuss – OTC-Übersicht der verordnungsfähigen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel https://www.g-ba.de/themen/arzneimittel/arzneimittel-richtlinie-anlagen/otc-uebersicht/
  6. 2017 MedR 35 S. 673 – Der Ausschluss von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu Inhalt und Reichweite des § 34 SGB V. https://sci-hub.ru/10.1007/s00350-017-4701-2
  7. 2020-09-23 LSG Hessen – L 1 KR 429/20 https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/170930
  8. 2022-11-10 BSG – Az. B 1 KR 21/21 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2022/2022_11_10_B_01_KR_21_21_R.html
  9. §2 AMG – Arzneimittelbegriff https://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__2.html
  10. 2022-01 §4 III MB/KK 2009 Umfang der Leistungspflicht https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/2019-02_mb-kk-2009.pdf
  11. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 CARENOBLE Gesellschaft für Gesundheitsökonomie mbH & Co KG – Arten der künstlichen Ernährung https://www.caresolution.de/parenterale-ernaehrung/arten-der-kuenstlichen-ernaehrung/
  12. 2022-01-03 LSG Niedersachsen – Nicht jede Pille ist eine Medizin https://landessozialgericht.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen/nicht-jede-pille-ist-medizin-207313.html

 

GOÄ/GOZ – Wie funktioniert die Gebührenordnung?

GOÄ – Gebührenordnung für Ärzte

Alle schulmedizinischen Behandlungen, die in Deutschland abgerechnet werden sollen, müssen über die Gebührenordnung für Ärzte (kurz GOÄ)[1] erfolgen. Die dort festgeschriebenen Sätze kann der Behandler mit einem Faktor erhöhen. Dabei gibt es folgende Stufen:

Grafik – GOÄ Pyramide

Bei privatärztlicher Behandlung darf der Mediziner die Rechnung mit einem Multiplikator von 1,0x bis 2,3x (sog. Regelhöchstsatz) nach billigem Ermessen[2] erhöhen. Wenn er Stress oder erschwerende Umstände hat, darf er nach einfachem Ermessen die Rechnung mit 3,5x (sog. Höchstsatz) erhöhen, ohne dass der Patient Mitspracherecht hätte, und das, nachdem die Behandlung erfolgt ist! Einer Rücksprache oder vorherigen Einwilligung des Patienten bedarf es nicht.

Wenn nicht der 3,5x Multiplikator abgesichert ist, besteht ein unbegrenztes Zuzahlungsrisiko!

Tarife unter 3,5x GOÄ (und GOZ) sollten Sie keinesfalls abschließen!

High-Tech in Deutschland (GOÄ> 3,5x)

Für die Behandlung durch Spezialisten in Deutschland muss mehr als der Höchstsatz von 3,5x versichert werden, sonst findet keine Spitzenmedizin an Ihnen statt. Viele Spezialisten berechnen mehr als den Höchstsatz,[3] gerade bei neueren oder patentierten Verfahren, zu denen sonst kein Zugang bestünde. Wenn beispielsweise bei einem Krebs eine schulmedizinische Erstlinientherapie (Chemotherapie) gescheitert ist und es wissenschaftliche Alternativen gibt, die eine – wenn auch ungewisse – Erfolgsaussicht haben, so wäre dies grundsätzlich zu bezahlen. Eine geringe Erfolgsaussicht stünde dem nicht entgegen.[4] Wenn jedoch über dem Höchstsatz abgerechnet wird, nutzt dieser grundsätzliche Anspruch nichts, weil die Rechnung weit über dem läge, was erstattungsfähig ist.

Ein prominentes Beispiel ist der Orthopäde & Sportmediziner Dr. Müller-Wohlfahrt, Mannschaftsarzt des FC Bayern München,[5] welcher Privatpatienten behandelt und dessen Rechnungen auf Spitzensportler ausgelegt sind. Aber auch im Krankenhaus erhalten Sie ggf. nur allgemeine Krankenhausleistungen,[6] wenn die Gebührenordnung nicht auch Wahlleistungen[7] sowie die privatärztliche Liquidation[8] ermöglicht. Es nutzt nichts sich den Arzt aussuchen zu können (Klausel Privatarztwahl), wenn man ihn nicht bezahlt bekommt!

Für eine gültige Honorarvereinbarung muss eine persönliche Absprache erfolgen, deren Inhalt zur persönlichen Disposition stehen muss, mindestens 24 Stunden Bedenkzeit enthaltend. Auch der Hinweis, dass ggf. nicht alle Kosten von einer Erstattungsstelle (z. B. Versicherung) erstattet werden, muss erfolgen.[9]

Für Notfälle oder akute Schmerzbehandlungen dürfen keine Honorarvereinbarungen getroffen werden, sie sind ungültig.[10]

High-Tech Weltweit (ohne GOÄ-Bindung bzw. GOÄ-frei)

Für gezielte Auslandsbehandlung muss die Bindung an die GOÄ entfallen, sonst findet keine weltweite Spitzenmedizin bei Ihnen Anwendung. Teils gibt es keine fixen Gebührenordnungen, bspw. in den USA. Dies kann zu sehr hohen Kosten führen. Hätten Sie eine Bindung an die GOÄ, wäre der maximale Erstattungsbetrag an Deutschland orientiert und damit vielleicht zu niedrig. Kritisch ist eine Formulierung, die auf die in Deutschland üblichen Kosten beschränkt, denn das ist eine GOÄ-Bindung durch die Hintertür.

Die Wahl der GOÄ ist die mitunter preisintensivste, aber sehr wichtige Entscheidung bei Ihrer PKV. Wenn Sie hier Beschränkungen haben, kann Spitzenmedizin bei Ihnen nicht stattfinden. Natürlich kosten Hochleistungstarife mehr und es gibt derer nicht so viele, aber jeder muss selbst entscheiden, wie wichtig ihm sein Leben ist. Der Autor kann sich nicht erinnern, dass sich ein Versicherter über eine zu gute Versorgung beschwerte. Wohl aber sind im Kaufreuige bekannt, welche den Abschluss eines Billig-Tarifs zutiefst bereuen.

Der absolute Anteil der Rechnung über dem Höchstsatz ist gering, jedoch sind sie der Höhe nach oft so teuer, dass es nicht aus dem Ersparten bezahlt werden kann:

  • 0,19% Ambulante Rechnungen
  • 0,25% Stationäre Rechnungen
  • 1,27% Dentale Rechnungen

Erkennbar ist auch, dass mehr als 1/3 aller Rechnungen exakt zum Höchstsatz erfolgen. Fast alle Rechnungen liegen zwischen Regelhöchstsatz (2,3x) und Höchstsatz (3,5x). Unter 10% der Rechnungen gehen bis maximal zum Regelhöchstsatz,[11] weshalb dieser als Versicherungsgrundlage inakzeptabel ist. Dies mag damit zusammenhängen, dass die GOÄ reformbedürftig ist, da aus Sicht der Heilbehandler veraltet und daher zu niedrig.[12]

Unabhängig von der Gebührenordnung gilt die Wirtschaftlichkeitsklausel[13]

Die Behandlungsmethoden müssen von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sein. Andere Methoden werden nur erstattet, wenn keine schulmedizinischen Methoden möglich sind. Bei alternativer Behandlung darf eine Kürzung auf das Niveau erfolgen, was bei der Schulmedizin angefallen wäre.

Wenn z. B. ein Arzt einen modernen Laser statt eines Skalpells einsetzen möchte, kann er dafür nicht einfach eine erhöhte Rechnung schreiben oder andere (analoge) GOÄ-Kennziffern einsetzen, denn der Laser ist der aktuelle Stand nach den Regeln der Kunst und somit bereits mit den Kennziffern der GOÄ abgedeckt.[14] Wenn die GOÄ-Ziffer also keine Methode vorschreibt, darf der Arzt nicht einfach zu Lasten des Patienten erhöht abrechnen. So wären beispielsweise der Trümmerbruch nach einem Reitunfall mit ca. 110.000€ Behandlungskosten in den USA grundlegend erstattungsfähig – im Gegensatz zur GKV – wenn es dem anerkannten Stand der Medizin entspricht, es keine nach dem medizinischen Standard anerkannte Alternative gibt und die Behandlung unter ärztlicher Verantwortung steht.[15]

Sie können für Arzneimittel, Hilfsmittel und andere Medizinprodukte prüfen ob und inwieweit diese in Deutschland anerkannt sind, etwa beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte[16] oder dem TÜV Süd.[17] Was hier erfasst und bewertetet ist, stellt grundsätzlich erstmal kein Problem dar.

Auch gilt der Grundsatz, dass ambulante Behandlungen zu bevorzugen sind. Sie sind gegenüber dem stationären Aufenthalt vorrangig durchzuführen. Zwar gibt es keine gesetzliche Normierung wie bei den Krankenkassen,[18] jedoch ergibt sich aus den Musterbedingungen[19] sowie der Rechtsprechung,[20] dass eine Heilbehandlung nur dann medizinisch notwendig ist, wenn das Leiden im Krankenhaus besser behandelt werden kann als beim niedergelassenen Arzt oder der gleiche Behandlungserfolg günstiger erreicht werden kann.

Bei neuartigen Behandlungsmethoden besteht grundsätzlich eine erhöhte Beratungspflicht des Arztes. Da diese auch Fehler machen, kann die Rückfrage beim Hersteller des Medizinprodukts sinnvoll sein.[21]

Anbei Beispiele aus der Leistungsabteilung der PKV Deutscher Ring, warum Leistungen über dem Höchstsatz der GOÄ (3,5x) wichtig sind, wobei nicht jede Rechnung ein finanzielles Risiko darstellt.

Beispiele für Rechnungen >3,5x GOÄ/GOZ

Beispiel Rückenbehandlung aufgrund von Unfall

Ein Bild, das Text enthält. Automatisch generierte Beschreibung

Grafik – Wahlleistung Honorarvereinbarung Wirbelsäulen-OP

Beispiel Behandlung eines Kindes auf der Intensivstation

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Grafik – Behandlungskosten für Kind auf Intensivstation

Beispiel Knochenbruchbehandlung

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Grafik – Knochenbruch Standard (=3,5x GOÄ)

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Grafik – Knochenbruch Spezialist (>3,5x GOÄ)

Ja, es handelt sich um Ausnahmen. Fakt ist, dass ein kleiner Teil der Rechnungen einen überproportionalen Anteil an den Kosten ausmacht.

Faustformel: Je geringer die Chance auf einen Extremfall, umso höher das Kostenrisiko, das in der Regel nicht mehr selbst getragen werden kann. Selbst wenn Sie es tragen könnten, ist die Frage ob Sie es wollen und ob Sie nicht Assets (z. B. Immobilien, Aktien etc.) verlustfrei auflösen müssten.

Sie haben nur ein Leben! Wenn Sie sich privat versichern dürfen, womit Sie zu den priveligierten Menschen dieses Planeten zählen, sollten Sie die bestmögliche Leistung einkaufen.

Die Unterscheidung kann dabei in drei Bereiche unterteilt werden. Das versichern über dem Höchstsatz (>3,5x GOÄ) stellt aus fachlicher Sicht die unterste Empfehlung dar. Alles andere ist nur Kassenleistung getarnt als Privatrechnung!

x Mindestanforderung GOÄ:

Ohne Bindung an die GOÄ, außer Sie können ausschließen jemals nicht nur urlaubsbedingt ins Ausland zu gehen. In Deutschland über den Höchstsatz (>3,5x GOÄ) versichern.

+ Optimum GOÄ:

Ohne Bindung an die GOÄ oder Beschränkung auf in Deutschland übliche Kosten etc.

GOÄ – Analogabrechnung

Es kommt vor, dass Ärzte Leistungen erbringen, die noch nicht in der GOÄ erfasst sind – z. B. neue Behandlungen aufgrund medizinischen Fortschritts – oder die als Zusatzleistungen erfolgen. Dann darf die sog. Analogabrechnung erfolgen, wo man artverwandte Kennziffern gleichwertiger Leistungen zu Grunde legt.

Die Bundesärztekammer hatte deshalb 1982 eine erste Starter-Liste mit Verfahren und Bedingungen erstellt, die regelmäßig ergänzt wird,[22] jedoch auch nie vollständig sein kann. Ihr letzter Stand ist Mitte 2015.[23] Der PKV Verband räumt offen ein, dass die GOÄ bereits zur Einführung nie den Anspruch hatte vollständig sein zu können. Er stellt dabei auch eine Liste bereit, die analog der Starter-Liste der Bundesärztekammer aufgebaut ist.[24]

In der Praxis kommt es zu Streitigkeiten über die Analogabrechnung, weil die Auslegung der Bundesärztekammer bzw. Leistungserbringer sich nicht zwingend mit den Ansichten der PKVU decken. Eine endgültige Klärung kann daher oft nur durch höchstrichterliche Rechtsprechung erfolgen.[25]

Um Missbrauch zu vermeiden, darf die Analogabrechnung aber nur für eigenständige Arbeitsleistungen erbracht werden, nicht aber für mit der Hauptleistung bereits eingepreiste Nebenleistungen. Ein häufiger Streitpunkt in der Praxis. Wird beispielsweise ein Laser in einer Augen-Behandlung eingesetzt, so ist dieser nicht separat abrechnungsfähig, wenn er ohnehin im Laufe der Behandlung eingesetzt werden müsste. Stellt er hingegen eine zusätzliche Leistung dar, die unabhängig von der Hauptleistung erfolgt, ist er abrechnungsfähig. Im eben genannten Beispiel ging es um den Ausgleich einer Sehstörung, wobei die Zusatzleistung eine zusätzliche Sehschärfen-Korrektur war. Das Gericht kam zu der Annahme, dass die beiden Leistungen aufgrund zeitlicher, räumlicher sowie inhaltlicher Veranlagung als zusammenhängend angesehen werden musste, womit die zusätzliche Analogabrechnung des Lasers abgelehnt wurde.[26]

Aufgrund der Unvorhersebarkeit künftiger Entwicklungen sowie Synchronisationsverzögerungen ist dieser immanente Konflikt zzt. nicht dauerhaft lösbar.

Für die zahnärztliche Abrechnung nach GOZ gelten die Maßgaben analog.

GOZ – Gebührenordnung für Zahnärzte

Technisch ist die GOZ[27] ähnlich aufgebaut wie die GOÄ, weshalb auch die Anwendungsbereiche analog gelten.

Die Zahnversorgung ist nicht Teil der substitutiven Krankenversicherung. Sie müssen keine Zahnleistungen versichern.

Abweichend von der GOÄ, kann es vertretbar sein, wenn Sie nur den Höchstsatz der GOZ versichern um Zuzahlungsrisiken für Standardbehandlungen zu vermeiden. Aber: Einsteigertarife zahlen oft weniger als den Höchstsatz (<3,5x GOÄ).

Entscheidender als die GOZ sind der versicherte Prozentsatz der jeweiligen Behandlung, dass es Einschränkungen bei Preislisten gibt sowie eine dauerhaft günstige, möglichst nicht begrenzte Zahnstaffel.

x

Mindestanforderung GOZ:

Min. 3,5x GOZ in Deutschland, um Zuzahlungsrisiken für Standardbehandlungen zu vermeiden. Ohne Bindung an die GOZ für Auslandsbehandlungen.

+

Optimum GOZ:

Über Höchstsatz (>3,5x GOZ) in Deutschland sowie für gezielte Auslandsbehandlungen für Zugang zu Spezialisten sowie zur Vermeidung von Zuzahlungsrisiken.

  1. GOÄ – Gebührenordnung für Ärzte https://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/
  2. §5 II GOÄ Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses https://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/__5.html
  3. §2 I GOÄ Abweichende Vereinbarung https://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/__2.html
  4. 2022-07-20 OLG Frankfurt – Az. 7 U 140/21 vom 29.06.2022 https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/presse/kostenuebernahme-nach-gescheiterter-chemotherapie
  5. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Dr. Müller-Wohlfahrt https://www.mw-ortho.de/arzte/dr-med-muller-wohlfahrt/
  6. §2 I & II BPflV Krankenhausleistungen https://www.gesetze-im-internet.de/bpflv_1994/__2.html
  7. §17 KHEntgG – Wahlleistungen https://www.buzer.de/17_KHEntgG.htm
  8. §18 KHEntgG – Kostenerstattung der Ärzte https://www.buzer.de/19_KHEntgG.htm
  9. 2004-10-25 BVerfG BvR1437/0 iVm §2 II GOÄ https://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/__2.html
  10. §2 I S4 GOÄ Abweichende Vereinbarung https://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/__2.html
  11. 2020-12 PKV-Verband – Zahlenbericht 2019 – S. 79 https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/c_Verband/PDF/2020-12_PKV-Zahlenbericht_2019.pdf
  12. 2022-08-17 Ärzteblatt – Bund bestätigt Reformbedürftigkeit der GOÄ, Novelle dennoch nicht in Sicht https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/136744/Bund-bestaetigt-Reformbeduerftigkeit-der-GOAe-Novelle-dennoch-nicht-in-Sicht
  13. §4 VI MB/KK 2009 Umfang der Leistungspflicht https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/2019-02_mb-kk-2009.pdf
  14. 2020-08-28 OLG Düsseldorf Az. 4 U 162/18 https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2020/4_U_162_18_Urteil_20200828.html
  15. 2021-08-16 BGH Az. B 1 KR 29/20 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2021/2021_08_16_B_01_KR_29_20_R.html
  16. „ohne Datum“, Aufruf 2021-09-06 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte https://www.bfarm.de/DE/Home/_node.html
  17. „ohne Datum“, Aufruf 2021-09-06 TÜV Süd AG – https://www.tuvsud.com/en
  18. §39 I S2. SGB V Krankenhausbehandlung https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__39.html
  19. 2022-01 §1 II MB/KK 2009 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/2019-02_mb-kk-2009.pdf
  20. 2012-12-21 OLG Köln 20 U 186/12 https://openjur.de/u/652568.html
  21. 2021-08-25 IWW Institut für Wissen in der Wirtschaft GmbH SR Seniorenrecht aktuell – Bei „Neuland“ für den Arzt gilt besondere Aufklärungspflicht https://www.iww.de/sr/alltagsprobleme/arzthaftung-bei-neuland-fuer-den-arzt-gilt-besondere-aufklaerungspflicht-f140042?content=inhalt&utm_campaign=nl-krae&utm_source=iww-newsletter&utm_medium=email&utm_content=2021-09-06
  22. 1997 Deutsches Ärzteblatt 94 – S. 28-29 Analoge Bewertungen in der GOÄ https://www.aerzteblatt.de/archiv/7116/Analoge-Bewertungen-in-der-GOAe
  23. 2015-07 Bundesärztekammer – Verzeichnis der analogen Bewertungen der Bundesärztekammer https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/honorar/abrechnungsempfehlungen-und-analogbewertungen/analoge-bewertungen/
  24. 2021-11-10 PKV Verband e.V. – KOMMENTIERUNG DER PKV ZUR GEBÜHRENORDNUNG FÜR ÄRZTE (GOÄ) Kommentierung praxisrelevanter Analogabrechnungen – S. 2 https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/GOAE-GOZ/goae_kommentierungen-praxisrelevanter-analogabrechnungen.pdf
  25. 2018-10 PKV Verband e.V. – Warum nutzen Ärzte Analogabrechnungen? https://www.derprivatpatient.de/infothek/nachgefragt/warum-nutzen-aerzte-analogabrechnungen
  26. 2021-10-14 BGH – Az. III ZR 350/20 http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=III%20ZR%20350/20&nr=124431
  27. GOZ – Gebührenordnung für Zahnärzte http://www.gesetze-im-internet.de/goz_1987/

Heilmittel – Nicht ärztliche Behandler

Für Heilmittel gibt es keine gesetzlichen Vorgaben, d. h. Masseure, manuelle Therapie etc. können gemäß Angebot und Nachfrage den Preis selbst bestimmen. Deshalb müssen Vergleichspreise herangezogen werden. Als Grundlage werden die Vergütungssätze für Kassenpatienten genommen, weil dort ca. 90% der deutschen Bevölkerung versichert sind.

Leider wird oft versucht bei PKV-Kunden erhöhte Sätze abzurechnen, was u. a. mit verlängerter Dauer oÄ „begründet“ wird. Die Beihilfestellen bei Beamten haben daher Höchstsätze eingeführt.[1] Einige Tarife orientieren sich in Ihren Preislisten an diesen.[2] Es gibt regionale Unterschiede, da eine Großstadt wie München generell ein anderes Preisgefälle hat als z. B. das pommersche Land.

Viele Tarife sehen vor, dass zusätzlich zur expliziten Selbstbeteiligung bei Heilmitteln eine implizite Selbstbeteiligung zu tragen ist, z. B. 20% jeder Rechnung.

Als unzulässig wurde ein Abstellen auf Vergleichsleistungen von Ärzten innerhalb der GOÄ verworfen. Diese dürfen Nebenleistungen abrechnen, die nicht ärztliche Heilmittelerbringer nicht abrechnen dürfen. Die nicht ärztlichen Heilbehandler schlagen das teils auf ihre Honorarforderung auf. Diese versteckte Schlechterstellung gegenüber einem Arzt ist deshalb nichtig.[3]

Die beiden häufigsten Leistungen aus diesem Bereich sind Logopädie (Sprache) sowie Ergotherapie (Bewegung), weshalb einige Tarife diese Leistung gesondert erwähnen. Aktuell dürfte es keine Tarife ohne diese zwei Punkte mehr im Neugeschäft geben. Die Podologie (Fußpflege) sollte ebenfalls nicht fehlen. Schwierig ist, dass es nicht medizinische Praxen und Studios gibt, die versuchen einen medizinischen Anstrich vorzutäuschen. Sprechen Sie im Vorfeld mit der PKV, um Abrechnungsprobleme zu vermeiden. Denn nur weil bei der GKV zunehmend mehr nicht ärztliche Praxen erstattungsfähig sind, z. B. für die Nagelspangenbehandlung,[4] gilt dies nicht automatisch für PKV-Versicherte.

Es empfiehlt sich einen hohen Erstattungssatz (z. B. 100%) zu wählen, weil Sie sonst bei besonders intensiven Heilbehandlungen bis zu 5.000€ Selbstbeteiligung stemmen müssen.[5]

Aus der Praxis kann berichtet werden, dass Heilmittel bei der Abrechnung der PKV – wie auch bei den Krankenkassen – ein häufiger Streitpunkt sind. Der medizinische Nutzen inklusive Nachweis muss im Vordergrund stehen, weshalb z. B. die Abrechnung von Tantra-Massagen in Anlehnung an §2 I Prostitutionsschutzgesetz von Gerichten abgelehnt wird.[6] Anders kann es sein, wenn unfallbedingt nicht einmal mehr Selbstbefriedigung möglich ist, weshalb eine Sexualbegleitung als Teilhabe der sozialen Eingliederung denkbar ist.[7] Höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es noch nicht.

In Relation zum Prämienvolumen sowie den Versicherten zahlen die PKVU für Heilmittel in Relation mehr als die Krankenkassen.[8]

ü Mindestanforderung Heilmittel

Heilmittel mit begrenztem Selbstbehalt versichern. Konkrete Nennung von Ergotherapie, Logopädie und Podologie. Keine Beschränkung auf Preis- oder Leistungsverzeichnisse.

+ Optimum Heilmittel

Heilmittel zu 100% versichern. Konkrete Nennung von Ergotherapie, Logopädie und Podologie. Keine Beschränkung auf Preis- oder Leistungsverzeichnisse.

Hilfsmittel – Die Hardware der Medizin

Hilfsmittel sind die „Hardware“ der Krankenversicherung. Unterschieden wird dabei zwischen einfachen Hilfsmitteln – z. B. Bandagen, Brillen, orthopädische Schuhe etc. – sowie großen Hilfsmitteln, z. B. Vorlesegeräte, Heimdialysegeräte etc. Weder existiert eine allgemeinverbindliche noch abschließende Definition, so dass es auf den jeweiligen Tarif ankommt, wie konkret er die Hilfsmittel definiert.

Zu den Kosten für Hilfsmittel können die Anschaffung gehören, die Leihe oder auch die Wartung.[9]

Unterschieden werden drei Hilfsmittel-Kataloge

Art des

Hilfsmittelkatalogs

Geschlossener Hilfsmittelkatalog (begrenzte Liste)
Halb-Offener Hilfsmittelkatalog (teilbegrenzte Liste)
Offener Hilfsmittelkatalog (ohne Liste)

Geschlossener Hilfsmittelkatalog

Beim geschlossenen Katalog gibt es eine feste Liste. Was dort steht, ist versichert. Was fehlt, das ist nicht versichert. Anbei eine beispielhafte Formulierung:

„Als Hilfsmittel gelten ausschließlich: …“[10]

Halb-offener Hilfsmittelkatalog

Der halb-offene Katalog ist ebenfalls eine Liste, die aber per Zusatzformulierung für lebenserhaltende Hilfsmittel offen ist. D. h. was Ihr Leben verlängern kann, ist prinzipiell versichert. Was in der Theorie nett klingt, kann in der Praxis Ärger bedeuten, weil es eine medizinische Indikation geben muss. Außerdem möchte niemand beim Kampf um Leben und Tod noch mit seiner Versicherung ringen müssen. Anbei eine beispielhafte Formulierung:

„Es besteht Versicherungsschutz für folgende medizinische Hilfsmittel: …

Darüber hinaus sind grundsätzlich lebenserhaltende Hilfsmittel erstattungsfähig, wenn die lebenserhaltende Funktion durch kein hier genanntes Hilfsmittel gewährleistet werden kann.“[11]

Offener Hilfsmittelkatalog bzw. Verzicht auf Katalog

Der offene Katalog ist kein Katalog, denn es heißt vereinfacht, dass entsprechend verordnete Hilfsmittel erstattungsfähig sind. Anbei eine beispielhafte Formulierung:

„Hilfsmittel (außer Brillen und Kontaktlinsen)

Hierunter fallen technische Mittel, die körperliche Behinderungen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen. Erstattet werden auch Aufwendungen für das Ausleihen von Hilfsmitteln (bis max. zur Kostenhöhe des Anschaffungspreises) und zur Reparatur oder Wartung der Hilfsmittel, jedoch keine Batterien für Hörgeräte.“[12]

Der offene Katalog ist einfacher, verständlicher, bietet mehr Sicherheit und Schutz. Es ist auch deshalb wichtig, weil bestimmte sehr teure Hilfsmittel (z. B. der Treppenlift oder die Heimdialyse) fast nie eine medizinische Notwendigkeit darstellen und daher sonst nicht versicherbar sind,[13] aber erheblich mehr an Lebensqualität liefern.

Sie sollten 100% eines offenen Hilfsmittelkatalogs versichern. Wenn Sie weniger als 100% versichern, laufen Sie immer Gefahr bis zur gesetzlichen Grenze von 5.000€ in Eigenleistung treten zu müssen.

Exkurs: Fake-Kataloge für Hilfsmittel am Beispiel der Gothaer

Wenn Sie einen Katalog haben, besitzen nur einen Rechtsanspruch auf die dort definierten Hilfsmittel. In der Vergangenheit gab es vertriebliche Mogelpackungen, die ein anderes Bild suggerieren sollten. Beispielsweise warb die Gothaer einst mit ihrer Hilfsmittel-Garantie unter dem Titel Prospekt zur Hilfsmittelgarantie. Anbei ein Bildausschnitt des damaligen Flyers.

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Grafik – Gothaer Hilfsmittelgarantie in Prospektform

Leider gibt es keine Prospekthaftung bei Versicherungen. Es war eine Mogelpackung um den Verkauf anzukurbeln. Erst auf Nachfrage bestätigte die Gothaer den problematischen Sachverhalt:

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung[14]

Erst mediale Shitstorms sowie die Blogbeiträge von Kollegen brachten die Gothaer zum umlenken. Erst anderhalb Jahre später wurde der Prospekt zum Vertragsbestandteil.[15] Erst ab dann bestand ein Rechtsanspruch für deren Versicherte!

Leider sind nur noch Blogbeiträge als Quellen vorhanden. Anscheinend hat die Gothaer viel Mühen darauf angewandt entsprechende Berichte digital zu verdrängen.

Welche Beschränkungen gibt es bei Hilfsmitteln?

Zum einen gibt es sogenannte Sublimits, d. h. Obergrenzen. Da könnte z. B. stehen, dass max. 1.000€ für orthopädische Schuhe bezahlt werden. Solche Grenzen sind insofern gefährlich, als dass sie starr sind und nicht zwingend im Rahmen der RfB-Mittelverwendung für Bestandsversicherte erhöht werden. Sie können auf einem veralteten Niveau verbleiben.

Summengrenzen sowie Preis- und Leistungsverzeichnisse für Hilfsmittel sind kritisch zu bewerten, denn es gibt keine fixen Marktpreise. Diese regeln sich durch Angebot und Nachfrage, was Stilblüten treiben kann. Selbst E-Rollstühle mit Stehvorrichtung können fast sechsstellig kosten.[16] Bereits vor fast 20 Jahren eingeführte künstliche Gliedmaßen, z. B. bionische Beine mit Muskelersatz und Mikroprozessor,[17] kosten teils über 100.000€.

Den Vorbehalt, dass der Bezug über die Versicherung zu erfolgen hat oder ab gewissen Summen (oft 1.000€) ein Kostenvoranschlag ab zu stimmen ist, ist meistens zumutbar, zumal beitragsstabilisierend.

Umstritten ist eine Klausel in Bezug auf die Ausführung, wo von „einfacher Ausführung“, „Standardausführung“ oder „angemessene Ausführung“ gesprochen wird. Es sind keine gesetzlich oder durch die Rechtsprechung genormten Begriffe, sondern von PKV erfundene Termini. Gerne bemüht wird das Beispiel vom handbetriebenen zum elektrischen Rollstuhl. Dazu ein Tarif-Beispiel:

Hilfsmittel sind technische Mittel oder Körperersatzstücke (kein Zahnersatz), die Behinderungen, Krankheits- oder Unfallfolgen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen, ausgenommen Sehhilfen, Heilapparate und sonstige sanitäre oder medizinisch-technische Bedarfsartikel. Erstattungsfähig sind die Kosten für Hilfsmittel in einfacher Ausführung. Übersteigen die Kosten für ein Hilfsmittel 1.000, – Euro, ist vor Kauf ein Kostenvoranschlag einzureichen. Der Versicherer verpflichtet sich, den Kostenvoranschlag unverzüglich zu prüfen und die zu erwartende Versicherungsleistung dem Versicherungsnehmer mitzuteilen. Wird kein Kostenvoranschlag eingereicht oder das Hilfsmittel vor der Mitteilung der zu erwartenden Versicherungsleistung gekauft, werden die tariflichen Leistungen zu 80 % erbracht.“[18]

Diese Klausel ist angreifbar, weil sie als überraschende Klausel gegen das Transparenzgebot verstoßt.[19] So sahen es z. B. das LG Dortmund[20] bzw. AG München, ohne dass eine Revision zugelassen wurde.[21] Außerdem hat das BSG bereits bei Kassenpatienten klargestellt, dass bei medizinischer Notwendigkeit über den Vertragsrahmen hinaus zu leisten ist.

Ein Rollstuhlfahrer darf beispielsweise nicht auf die sog. Basismobilität beschränkt werden, da die rein passive Fortbewegung meist unzumutbar ist. Einem Behinderten ist viel Raum zur eigenverantwortlichen Gestaltung der Lebensumstände zu geben, weshalb technische Hilfsmittel oder andere Upgrades als angemessen anzusehen sind.[22]

Das medizinisch notwendige Maß ist überschritten, wenn das Hilfsmittel unnötige Ausstattungsmerkmale oder Funktionen aufweist und es preisgünstigere Modelle gibt, welche diesen „Luxus“ nicht aufweisen. Den Beweis muss die Versicherung erbringen, sowohl was die Ausstattungsmerkmale als auch den Marktpreis anbelangt.[23]

PKV-Versicherte außerhalb der Sozialtarife (z. B. BTN) haben keine mit dem SGB vergleichbaren Ansprüche, weshalb sie weder das gleiche Leistungsniveau erwarten dürfen sowie ggf. mit Einschränkungen über Dauer, Häufigkeit oder Einsatzzweck der Hilfsmittel leben müssen.[24] Generell gilt, dass die Beschränkungen bei Hilffsmittel erlaubt sind, sowohl die Beschränkung auf einen Katalog, wie auch auf preisliche Grenzen. Dabei darf sogar das Niveau der gesetzlichen Krankenkasse unterschritten werden.[25] Selbst große PKV wollen bei Hilfsmitteln den Rotstift ansetzen und stellen die Erstattung der höherwertigen Ausführungen in Frage.[26] Vermeiden Sie diese Probleme durch gute Tarifauswahl!

Da der Begriff Krankheit nicht gesetzlich definiert ist, definiert der BGH es als „einen anomalen Körper- oder Geisteszustand, der nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt.“.[27] Will meinen, dass wenn nur dieses Hilfsmittel das Problem löst, es auch in gehobener Ausführung versichert sein müsste. Um Streit zu vermeiden empfiehlt sich der Abschluss einer PKV, welche auf einschränkende Klauseln verzichtet.

Vereinzelt bieten Softwareprogramme die Auflistung einzelner Hilfsmittel. Dazu ein beispielhafter Auszug:

  • Atemmonitor (Heimgerät)
  • Herzmonitor (Heimgerät)
  • Beatmungsgeräte (Heimgerät)
  • Heimdialysegerät
  • Krankenfahrstühle (ohne Summengrenze)
  • Hör- / Sprechgeräte
  • Orthopädische Schuhe
  • Blindenhund (technisch ≠ Hilfsmittel)
  • Blindenleitgerät
  • Blindenlese- / Vorlesegerät
  • Körperersatzstücke zw. Prothesen
  • Orthesen (Stabilisatoren)
  • Kunstaugen

Diese beispielhafte Liste ist keinesfalls vollständig, so wie es keine der Listen ist! Sie enthält einige teure Geräte, z. B. Heimdialyse mit bis zu 150.000€ pa, erlaubt aber keinen qualitativen oder quantitativen Vergleich. Wie hoch ist die Chance, dass Sie eine Heimdialyse vornehmen können, wollen und dürfen? Dies können Sie unter anderem daran ableiten, welch immens hohe Anforderungen an die Krankenhäuser für die Blutreinigung gestellt werden, sowohl was das fachärztliche Personal als auch die notwendigen Zusatzgeräte betrifft.[28] Dies kann daheim kaum gewährleistet werden. Ein mehrmonatiges Training von Patient und Partner sind ebenso notwendig, wie die Bereistellung einer Infrastruktur, die ärztlich abgenommen und geprüft werden muss.[29] Trotz der hohen Hürden, scheint ein Trend zur Heimdialyse zu bestehen, der von Dienstleistungen diverser Anbieter flankiert wird, die vollumfängliche Service-Pakete anbieten.[30] Aber wie könnte es auf Sie zutreffen? Lassen Sie sich nicht von einzelnen Hilfsmitteln zu einer Auswahl verleiten.

Analog der Bilanzkosmetik (sog. „window dressing“)[31] versuchen selbst billige Tarife zu punkten, indem Sie bei den Hilfsmitteln aus dem Rating bzw. der Software eine Leistung erbringen, dafür andere Sachen unter den Tisch fallen lassen.

ü Mindestanforderung Hilfsmittel

Offener Hilfsmittelkatalog ohne Preis-Verzeichnisse. Keine Beschränkung der Ausführung, sondern auch technische gehobenes Hilfsmittel.

+ Optimum Hilfsmittel

Offener Hilfsmittelkatalog ohne Preis-Verzeichnisse. Technische gehobene Hilfsmittel ohne Beschränkung auf Einfach-/Standard-Ausführung. Kein zwingender Bezug über die Versicherung, sondern freie Auswahl.

Wie sind Brille und LASIK versichert?

Die Brille ist kein diskussionswürdiger Punkt im Rahmen der PKV Beratung! Die Leistung ist mal mehr oder mal minder gut, jedoch gibt es überall Sublimits, die bestimmte Erstattungsgrenzen sowie Bezugsdauern kennen. Die Brille ist kein Auswahlkriterium für eine PKV, sondern nur Werbebotschaft für fragwürdige Verkäufer. Hinzu kommt, dass Brillenträger bei einigen PKV einen Zuschlag zahlen müssen, z. B. Gothaer 5,00€ bzw. Die Continentale 7,50€ oder je einen Leistungsausschluss vereinbaren müssen. Dies gilt jedoch nicht für alle PKV!

Relevant ist ggf. das Thema LASIK (Laser-in-situ-Keratomileusis), wo mittels Excimer-Laser eine Korrektur der optischen Fehlsichtigkeit vorgenommen werden kann.[32]

Gut ist, wenn der Tarif keine Auskunft zur LASIK trifft, denn dann ist es als medizinisch notwendige Heilbehandlung unbegrenzt mitversichert.

Schlecht ist, wenn der Tarif Aussagen mit Sublimits trifft, z. B. 4.000€ für beide Augen. Solche Sublimits stellen den Versicherten schlechter als eine Nichterwähnung! Leider versuchen Verkäufer, befeuert von den Software-Anbietern, durch die Höhe der Sublimits den Wettbewerb in die falsche Richtung zu verzerren. Es gibt zurzeit keine Vergleichssoftware, wo das Thema LASIK automatisch gefiltert werden kann. Die Auswahl muss per Hand erfolgen, denn nicht alle Gesellschaften liefern die relevanten Informationen mit. Dazu ein positives Bildbeispiel, wie so etwas aussehen kann:

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Grafik – 2020-02-25 Screenshot Levelnine PKV im Tarif Allianz AktiMed Plus 100 AWOPTU PVN KTA7W

Besonders dreist ist, dass einige Anbieter im oberflächlichen Vergleich von „unbegrenzter“ Erstattung sprechen aber in den Tarifdetails mit diversen Sternchen sowie Fußnoten arbeiten, welche die Leistung einschränken. Ein warnendes Beispiel, wie die Schlechtleistung verschleiert werden kann:

Grafik – 2020-08-07 Screenshot Levelnine PKV im Tarif ARAG MedBest 1500 FlexiPro PVN

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätten Sie alle zwei Jahre auf bis zu 600€ Anspruch. Stimmt auch, wenn gewisse Voraussetzungen vorliegen, die man erst händisch zum Vergleich hinzu wählen muss. Auch schließt hier die OP den Bezug einer Brille aus. Geht also die OP schief oder bringt nicht den gewünschten Erfolg, sind Sie als Versicherter gleich doppelt gekniffen.

Die Brille als Selektionsmerkmal ist grober Unfug. Der Einbezug von LASIK als Selektionskriterium ist oft zweitrangig, da kein existenzbedrohendes Risiko darstellend, sondern Kosmetik oder Bequemlichkeit darstellend. Medizinisch notwendigen Behandlungen am Auge sind hiervon unabhängig erstattungsfähig, z. B. die Entfernung von Fremdkörpern etc.

ü Mindestanforderung Brille / LASIK

Keine Mindestanforderung.

+ Optimum Brille / LASIK

Für LASIK sollte keine Einschränkung oder Summenbegrenzung gelten.

  1. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 PKV-Verband – Preisbildung für Heilmittel https://www.derprivatpatient.de/heil-hilfsmittel/abrechnung-von-heil-und-hilfsmitteln#Heilmittel
  2. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 PKV-Verband – Worauf kommt es bei der Rechnung an? https://www.pkv.de/themen/krankenversicherung/so-funktioniert-die-pkv/darf-mein-versicherer-die-erstattung-meiner-behandlungkosten-ablehnen/
  3. 2014-11-13 Landgericht Coburg Az. 32 S 57/14 https://www.juris.de/jportal/prev/KORE503552015
  4. 2022-07-01 Haufe Online Redaktion – Nagelspangenbehandlung ab Juli 2022 neue Leistung der GKV https://www.haufe.de/sozialwesen/leistungen-sozialversicherung/nagelspangenbehandlung-als-kassenleistung_242_569878.html
  5. §193 III VVG Versicherte Person; Versicherungspflicht https://dejure.org/gesetze/VVG/193.html
  6. 2021-11-17 VG Düsseldorf – Az. 29 K 8461/18 https://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/2021/2138/index.php
  7. 2022-07-12 Berliner Zeitung – Gericht: Unfallversicherung muss für Sex bezahlen https://www.berliner-zeitung.de/news/gericht-unfallversicherung-muss-fuer-sex-bezahlen-li.245869
  8. 2014-12 Wissenschaftliches Institut der PKV – Die Heilmittelversorgung der PKV- und GKV-Versicherten im Vergleich http://www.wip-pkv.de/forschungsbereiche/detail/die-heilmittelversorgung-der-pkv-und-gkv-versicherten-im-vergleich.html
  9. 2018-11-07 BGH Az. IV ZR 14/17 http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=89700
  10. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Zitat Hanse Merkur Start Fit (KVE 04.12 Seite 63 – MB/KK 2009, TB/KK2009, TEIL II – I. Nr. 1.4)
  11. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Zitat Hallesche NK (Bisex NK Stand 01|2010, PM 169 – 09.10 Teil III Nr. 1.7)
  12. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Zitat Alte Oldenburger A90/100 (A90/100m A80/100 Stand: 01/2013, A Nr. 6)
  13. 2019-02-25 OLG Rostock Az. 4 U 156/18 https://openjur.de/u/2209463.html
  14. 2009-09-15 S. H. C. GmbH – Wie Kunden und Vermittler für dumm verkauft werden sollen – das Gothaer Hilfsmittelmanagement in der PKV https://www.online-pkv.de/pkv-bu-blog/wie-kunden-und-vermittler-fuer-dumm-verkauft-werden-sollen-das-gothaer-hilfsmittelmanagement-in-der-pkv/
  15. 2012-02-22 S.H.C. GmbH – Versicherungsmakler Sven Hennig – Jetzt aber: Änderungen in den Bedingungen der Gothaer Krankenversicherung zur Hilfsmittelversorgung https://www.online-pkv.de/pkv-bu-blog/jetzt-aber-aenderungen-in-den-bedingungen-der-gothaer-krankenversicherung-zu-der-hilfsmittelversorgung/
  16. „ohne Datum“, Aufruf 2022-03-12 Vassilli Deutschland GmbH – Produkte – Stehrollstühle https://www.vassilli.net/produkte/stehrollstuehle/hi-lo-e/
  17. 2006-09-28 Handelsblatt – Mit künstlichem Knie Treppen steigen https://www.handelsblatt.com/technik/medizin/mikroprozessor-steuert-prothese-mit-kuenstlichem-knie-treppen-steigen/2699080-all.html
  18. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Zitat Continentale Economy (Economy Teil II Stand: 01.09.2010 B) Nr. 7)
  19. §305c BGB Überraschende und mehrdeutige Klauseln https://dejure.org/gesetze/BGB/305c.html
  20. 2012-11-29 LG Dortmund Az. 2 O 220/12 https://openjur.de/u/611984.html
  21. 2012-10-31 AG München Az. 159 C 26871/10 https://www.juris.de/jportal/prev/KORE507002014
  22. 2022-09-13 LSG Niedersachsen-Bremen – Az. L 16 KR 421/21 https://landessozialgericht.niedersachsen.de/download/188390
  23. 2015-04-22 BGH Az. IV ZR 419/13 https://openjur.de/u/769608.html
  24. 2015-06-24 – Az. IV ZR 181/14 https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=71687&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf
  25. 2018-06-20 OLG Hamm Az. 20 U 37/17 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2019/20_U_37_18_Urteil_20190315.html
  26. 2021-11-02 Versicherungswirtschaft heute – “Lauf, Forrest lauf!”: Debeka-Vorständin Biederbick über moderne Hilfsmittel und die Grenzen der Solidargemeinschaft https://versicherungswirtschaft-heute.de/unternehmen-und-management/2021-11-02/lauf-forrest-lauf-debeka-vorstaendin-biederbick-ueber-moderne-hilfsmittel-und-die-grenzen-der-solidargemeinschaft/?fbclid=IwAR3FUY89-_QgR2DztgJv2qbfhMJOW0WHItV2AxQ7f_ghJYUqY8hP9kIj7GY
  27. 1985-07-12 BGH Az. 8 U 222/84 (VersR 87, 287) https://www.juris.de/jportal/prev/KORE506608709
  28. 1997-06-16 Kassenärztliche Bundesvereinigung – Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren) – §4 & §6 https://www.kbv.de/media/sp/Blutreinigungsverfahren.pdf
  29. „ohne Datum“, Aufruf 2021-03-13 KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. – Heimdialyse – Dialyse zu Hause https://www.kfh.de/fuer-patienten/heimdialyse-dialyse-zu-hause/
  30. 2007 PHV – Der Dialysepartner, Patienten-Heimversorgung, Gemeinnützige Stiftung – Behandlung zu Hause – Heimdialyse https://www.phv-dialyse.de/fileadmin/user_upload/Dateien/Download/heimdialyse.pdf
  31. „ohne Datum“, Aufruf 2021-11-30 Deutsche Börse AG – Window Dressing https://www.boerse-frankfurt.de/wissen/lexikon/window-dressing
  32. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. – Patienteninformation zur LASIK http://aad.to/krc/patinf_lasik1.php

Krankentransporte

Unterschieden wird zwischen Fahrkosten[1] (z. B. Taxis, ÖPNV, etc.) und Krankentransportleistungen.[2] Vereinfacht kann man sagen, dass eine medizinische Notwendigkeit für den Transport gegeben sein muss, und der Patient nicht ohne fremde Hilfe den Behandlungsort erreichen kann. Ob ambulant oder stationär spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Das Problem ist, dass es sich bei den Zuschüssen der Krankenkasse um Höchstzuschüsse handelt, es verbleibt ein Restrisiko beim Patienten, was gerade im Ausland oder bei Spezialbergungen (z. B. im Skigebiet) sehr teuer werden kann. Wenn in der Vergangenheit mehr geleistet wurde als der Festbetrag, war es eine Kulanzleistung der Kasse, auf die kein Anrecht besteht, weil deren Spitzenverband lediglich eine Empfehlung der Kostenübernahme für bestimmte Fälle vorschlägt.[3]

Die Musterbedingungen des PKV-Verbands beinhalten keine Regelungen zu Transporten, weshalb es der jeweiligen Gesellschaft obliegt, wie sie es definiert. Sie könnten schlechter dastehen als bei den o. g. Kassenleistungen.

Sie müssen entscheiden, ob Sie ambulante und/oder stationäre Krankentransporte wünschen. Sie sollten ambulante und stationäre Krankentransporte absichern!

Im stationären Bereich empfiehlt sich bei medizinischer Notwendigkeit der Transport mindestens bis zum nächstgelegenen geeigneten Krankenhaus, egal ob per Straße, Schiene, Wasser oder Luft, beispielsweise wie in der u. g. Klausel definiert.

Ein Bild, das Text enthält. Automatisch generierte Beschreibung

Grafik – 2020-08-08 Auszug aus Levelnine PKV im Tarif Nürnberger TOP3+ S1 ZZ20U PVN

Die Formulierung „Kranken-, Unfall- oder Rettungswagen“ ist der Versuch sich mit vermeintlichen Vorteilen zu positionieren. Nicht nur, dass der Autor keine Unterschiede zu benennen wüsste. Bei der Auslegung der Klauseln würde auf den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer abgestellt. Vermutlich könnten auch Sie keine Unterschiede benennen? Ergo mehr Schein als Sein. Hier gilt, dass je einfacher, umso besser.

Eine km- Begrenzung ist abzulehnen, denn gerade im ländlichen Bereich oder bei Bedarf einer Spezialklinik (z. B. Verbrennungsmedizin)[4] drohen sonst empfindliche Zuzahlungen. Sonst müssten Sie mit dem Krankenhausatlas prüfen, wie nah bzw. entfernt Sie von Plankrankenhäusern sind, was speziell im Urlaub oder auf Dienstreise schwierig wird.[5]

Der nicht medizinisch begründete Transport ist eine freiwillige Zusatzleistung, die eingekauft werden kann, jedoch entsprechend teuer ist, falls es als Baustein überhaupt angeboten wird.

Im ambulanten Bereich wird unterschieden zwischen den Fahrkosten, der Gehunfähigkeit sowie dem ambulanten Transport oder Notfalltransporten. Empfohlen wird die Versicherung des ambulanten Notfalltransportes zum nächsten geeigneten Behandler ohne km-Begrenzung.

Die Zuzahlungen der anderen Klauseln für Fahrkosten bei Dialyse, Chemotherapie etc. sind in der Regel nicht so teuer, als dass die Auswahl einer Krankenversicherung davon abhängen sollte. Sind Sie aber nicht versichert, so besteht kein Anrecht auf Erstattung durch eine PKVU, da beispielsweise selbst bei mehrmaligem Dialyse-Tagesaufenthalt pro Woche weder über Heilmittel noch ambulante Operationen oder stationär-ähnlichen Aufenthalten abgerechnet werden kann.[6] Wenn Sie keine Unterstützung beim Transport erwarten können, sollten Sie erwägen diese Klauseln abzusichern.

Beispiel Bergrettung als Krankentransport in der PKV

Nehmen wir an, dass ein Wanderer in der deutschen Gebirgsregion Bayerns wandern ist. Die Witterung verschlechtert sich, der Wanderer fühlt sich erschöpft, meinend, dass er nicht aus eigener Kraft den Rückweg schaffen könnte. Er ruft die Flugbergwacht und lässt sich ins Tal bringen, wo er später einen Mediziner (ambulant) aufsucht.

Im o. g. Beispiel wäre die Luftrettung nicht erstattungsfähig, denn weder bestand eine Gehunfähigkeit (die er hätte attestieren lassen müssen) noch mussten lebenserhaltende oder -rettende Maßnahmen durchgeführt werden. Ein anderes Transportmittel wäre vorrangig zu prüfen gewesen, z. B. via Krankenwagen oder privatem Taxi. Auch spricht der Transport ins Tal gegen die medizinische Notwendigkeit, sonst wäre direkt ein Krankenhaus oder der nächsterreichbare Arzt angefahren worden. Ungeprüft sei im o. g. Beispiel, ob beispielsweise eine Gebietseinschränkung wg. Auslandsgrenze vorlag.

Im o. g. Beispiel lagen zwar Einschränkungen beim VN vor, doch genügt eine Ermüdung allein nicht vor die Luftrettung und es wird die o. g. Kausalkette geprüft, ob die Leistung verhältnismäßig war, was sie im o. g. Beispiel auch in der Retrospektive nicht ist.

  1. §60 SGB V Fahrkosten https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__60.html
  2. §133 SGB V Versorgung mit Krankentransportleistungen https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__133.html
  3. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 GKV-Spitzenverband – Fahrkosten / Krankentransport https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ambulante_leistungen/fahrkosten_krankentransport/fahrkosten_krankentransport.jsp
  4. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin – Verbrennungszentren in Deutschland https://www.verbrennungsmedizin.de/brandverletztenzentren
  5. „ohne Datum“, Aufruf 2021-03-13, 2021 GeoBasis-DE/BGK – Krankenhausatlas 2016 – https://krankenhausatlas.statistikportal.de/
  6. 2022-02-07 OLG Nürnberger – Az. 8 U 224/21 https://openjur.de/u/2388639.html

Kinderwunschbehandlung / Künstliche Befruchtung

Bei dieser Leistung sind alte PKV-Tarife oft schlechter als die gesetzliche Krankenkasse, welche zumindest Zuschüsse leistet.[1] Nach den MB/KK2009 ist Kinderlosigkeit keine Krankheit. Die Musterbedingungen widmen sich diesem Punkt nicht, weshalb es jede Gesellschaft unterschiedlich löst. In vielen Fällen wird die Leistung konkret ausgeschlossen.

Da davon auszugehen ist, dass der krankhafte Zustand der Zeugungsunfähigkeit auch nach Geburt eines Kindes durch künstliche Befruchtung besteht, tendiert die Rechtsprechung dazu mehr als einen Kinderwunsch als verhältnismäßig zu akzeptieren, wenn die Bedingungen keine abweichenden Regeln vorsehen.[2] Einige Tarife beschränken die Anzahl!

Auch Altersgrenzen (z. B. max. 40 LJ) sind nicht unüblich, sowie rechtlich beanstandungsfrei.[3] Die Kalkulation wird meist bis zum 50 LJ. geführt, weil bereits ab dem 45. LJ nur noch in Ausnahmefällen Kosten entstehen, wie am Beispiel des u. g. Einsteiger-Tarifs Primo (nicht der Primo der Halleschen) ersichtlich. Dabei steht SM-Leistungen für Schwangerschaftsmehrleistungen.

Grafik – Verteilung der Schwangerschaftskosten[4]

Ebenfalls stellt die Unfähigkeit der Kinderzeugung aufgrund von Gleichgeschlechtlichkeit keinen Leistungsgrund dar, wenn sie den gleichen Einschränkungen unterliegen, wie bei homologen Paaren.[5] Der Ausschluss zielt darauf ab, wenn die Kinderlosigkeit nicht auf medizinischen Ursachen beruht, bspw. bei umgewandelten Transgendern etc.[6] Auch darf die Kinderlosigkeit nicht auf altersbedingten bzw. alterstypischer Minderung der Physis beruhen, bspw. eine altersbedingte erektile Dysfunktion, sondern es muss eine organische Ursache vorliegen, z. B. eine krankhafte Veränderung der Schwellkörper. Auch die Erhöhung der Lebensqualität darf nicht im Vordergrund stehen.[7]

Ausnahmen könnten höchstens dann gegeben sein, wenn eine organische Krankheit als Ursache in Frage käme. Dies müsste der Versicherungsnehmer nachweisen, womit die Kinderlosigkeit nur eine Folge der organischen Ursache wäre und nicht der eigentliche Behandlungsgrund. Ist die Infertilität aber nur idiopathisch (=ohne bekannte Ursache) oder altersbedingt, erfüllt sie den Krankheitsbegriff nicht.[8]

Es ist nicht nur erblich bedingt, sondern auch durch Umwelteinflüsse. So könnte beispielsweise das Einfrieren von Sperma oder Eizellen notwendig werden, wenn Sie eine Chemo- oder Strahlentherapie durchführen müssen!

Achten Sie ggf. im Vorfeld auf diese Leistung, denn wenn eine Behandlung auch nur angedacht oder notwendig sein könnte, ist es für einen Wechsel zu spät.

Wenn Sie Bestandskunde einer PKV sind, bleibt Ihnen nur noch das interne Wechselrecht nach §204 VVG, in die Tarife, welche ggf. eine Behandlung erstatten. Aber für Mehrleistungen ist eine dedizierte Gesundheitsprüfung nötig, bei der auch die Frage nach unerfülltem Kinderwunsch bzw. künstlicher Befruchtung gestellt wird. Ist das Problem erstmal bekannt oder sogar nur zu erahnen, ist der Zug abgefahren. Ein Neuantrag bei einer anderen PKV wird aufgrund von unerfülltem Kinderwunsch abgelehnt werden. Sollte der PKV telefonisch das Interesse bekannt werden, z. B., weil der Versicherte nachfragt ob Kinderwunschbehandlungen versichert sein, kommt es in der Praxis regelmäßig zu Leistungsausschlüssen, wie am u. g. Bildbeispiel ersichtlich.

Ein Bild, das Text enthält.

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Grafik – Ausschluss Kinderwunschbehandlung, da Interesse telefonisch bekannt war

Die Angaben zu den Kosten variieren. Nach Recherche einiger Quellen sind die unteren Kosten wie folgt anzusetzen:

~ 2.500€ IVF-Zyklus (In-Vitro-Fertilisation)

~ 4.000€ ICSI-Zyklus (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion)

~ 0.500€ IUI (Intrauterine Insemination)

Da die Erfolgschancen niedrig sind, ist mit mehrfachen Versuchen zu rechnen. Dabei darf der Behandlungserfolg grundsätzlich nur am Ziel der Herbeiführung einer Schwangerschaft bemessen werden, womit nur die medizinische Notwendigkeit aber nicht die finanzielle Angemessenheit das maßgebliche Beurteilungskriterium ist.[9]

Einige Bundesländer (z. B. NRW)[10] leisten zusätzliche Hilfen, die unabhängig von der Art des Versicherten sind.

Zwar tragen Frauen bei diesem Thema ein erhöhtes Kostenrisiko, die tariflichen Beiträge sind seit unisex-Einführung jedoch auf beide Geschlechter umgelegt.

Die Gesundheit der Kinder im Vergleich zu regulär gezeugten Kindern ist medizinisch umstritten, wobei es Zweifel an der Gleichwertigkeit gibt.[11] Häufig wird diese Phase als sehr belastend erlebt, weshalb psychosomatische Begleiterscheinungen eher die Norm als die Ausnahme sind, weshalb es extra Leitlinien für psychosomatische Orientierung gibt.[12] Der Abschluss von künstlicher Befruchtung ohne die Mitversicherung von Psychotherapie ergibt wenig Sinn!

Unabhängig davon, ist damit zu rechnen, dass Begleitkosten einer künstlichen Befruchtung selbst zu zahlen sind. So wurde in einem Fall die risikominimierende Begleitbehandlung der Eltern nicht erstattet, obgleich diese an einer Erbkrankheit litten, die eine erhöhte Gefahr eines behinderten Kindes mit sich brachte. O-Ton aus dem Urteil:

„Einen Anspruch auf die Geburt eines erbgesunden Kindes habe der Versicherungsnehmer aber nicht.“[13]

ü Mindestanforderung Künstliche Befruchtung & unerfüllter Kinderwunsch

Mindestens einen Versuch mitversichern. Mindestens 30 Sitzungen ambulante Psychotherapie mitversichern.

+ Optimum Künstliche Befruchtung & unerfüllter Kinderwunsch

Mindestens drei Versuche mitversichern. Mindestens 50 Sitzungen ambulante Psychotherapie mitversichern.

Exkurs: Kinderwunschbehandlung im Ausland

Da sowohl die Kinderwunschbehandlung als auch die Adoption in Deutschland schwierig, umständlich sowie nicht zwingend von Erfolgsaussicht geprägt sind, gibt es einen Gesundheitstourismus in Nachbarländer. Beispielsweise Dänemark, wo die Behandlung deutlich günstiger sowie mit weniger Formalien angeboten werden kann, auch für gleichgeschlechtliche Paare oder Singles!

Zu beachten ist jedoch, dass nicht immer alle Kosten übernommen werden sowie bei Versicherungen für das Ausland oft spezielle Wartezeiten gelten.[14]

Muss der Beitrag nach der Entbindung weitergezahlt werden?

Ja! Nur eine Hand voll Tarife bieten Beitragsfreiheit nach einer Entbindung an. Aufgrund der geringen Durchdringung empfiehlt sich dieses Merkmal nicht zur Selektion.

Es ist ein netter Nebeneffekt, wenn Sie zufällig den Vorzug der Beitragsfreiheit nach Entbindung haben, gemessen an der Prämie auf Lebenszeit idR vernachlässigbar.

Gleiches gilt für etwaige Einmalzahlungen im Zusammenhang mit der Geburt oder für die Entbindung. Oft haben diese geringe Sublimits, was zu einer schleichenden Entwertung über die Vertragslaufzeit führt.

  1. §27a SGB V Künstliche Befruchtung https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__27a.html
  2. 2007 MedR 25 – S. 107-110 – Kostenerstattung für In-Vitro-Fertilisation in der PKV https://sci-hub.ru/10.1007/s00350-007-1861-5
  3. 2020-02-19 OLG München Az. 25 U 6335/19 https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-4269?hl=true
  4. 2013-09-13 Andreas Leckner – Die Mathematik der Privaten Krankenversicherung – Leitfaden für PKV-Aktuarinnen und -Aktuare – S. 376 – https://www.mathematik.uni-muenchen.de/~lenckner/PKV_Aktuar_2013_2013_09_09.pdf
  5. 2021-11-10 BSG – Az. B 1 KR 7/21 R https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2021/2021_11_10_B_01_KR_07_21_R.html
  6. 2021-10-11 procontra – LGBTIQ+-Community: Diese Hürden gibt es beim Versicherungsschutz https://www.procontra-online.de/artikel/date/2021/10/lgbtiq-community-diese-huerden-gibt-es-beim-versicherungsschutz/
  7. 2022-04-26 VG Hamburg – Az. 21 K 4324/19 https://openjur.de/u/2395504.html
  8. 2020-03-31 OLG Düsseldorf Az. 1-24 U 61/19 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2020/24_U_61_19_Urteil_20200331.html
  9. 2019-12-04 BGH – Az. IV ZR 323/18 http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=102539&pos=0&anz=1
  10. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Chancen NRW – Kinderwunschbehandlung https://www.mkffi.nrw/kinderwunschbehandlung
  11. 2018-09-10 Zeit.de – Die Kinder sind doch nicht so gesund https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-09/kuenstliche-befruchtung-zeugung-kinderwunsch-fortpflanzung-kinder-gesundheit
  12. 2019-12-16 Palliativ-Portal von Dr. med. Jörg Cuno Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) e.V. – Leitlinien-Detailansicht psychosomatisch orientierte Diagnostik und Therapie bei Fertilitätsstörungen https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/016-003.html
  13. 2020-05-20 Zitat BGH Az IV ZR 125/19 Rn 10 http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=IV%20ZR%20125/19&nr=106605
  14. 2023-06 BDAE – Leben und Arbeiten im Ausland – Kinderwunsch bei lesbischen Paaren: Diese Möglichkeiten gibt es – S. 41-42

Medizinisches Versorgungszentraum (MVZ) / Ärztehaus

Die MVZ nehmen regulär an der ambulanten medizinischen Versorgung in Deutschland teil.[1] Es handelt sich um Zusammenschlüsse von Ärzten verschiedener Fachrichtungen. Gebräuchlich sind auch die Begriffe Ärztehaus oder ambulante Klinik, obwohl beides keine Legaldefinition hat. In der Vergangenheit gab es Wildwuchs, da jedwede Gesellschaftsform erlaubt war. Seit dem 10.05.2019 sind nur noch Personengesellschaften, Genossenschaften sowie GmbHs als Neugründung gestattet, wobei Bestandsfirmen zeitlich unbefristeten Bestandsschutz genießen.[2] Teilweise wurden eigene Organisationseinheiten gebildet um die Budgettierung der gesetzlichen Kassen zu umgehen. Das kann auch die Privatliquidation des Arztes betreffen, der nicht zwingend Angestellter sein muss sondern auch Vertragsarzt sein kann. Auch kann es sein, dass die Organisation als GmbH oder anderer Gewerbetreibender mit Umsatzsteuer-Pflicht erfolgt, womit bestimmte Leistungen durch die Mehrwertsteuer verteuert würden.[3] Dieses Risiko haben auch Privatpatienten. Es kommt weiterhin zu regelmäßiger Patientenbenachteiligung in Form von Übermassbehandlung oder Abrechnungsmaximierung. Regelmäßig durch Umgehung der o. g. Gesetzesschranken, die sich bislang als unzulänglich erweisen.[4] Bereits 2012 hat der Gesetzgeber erkannt, dass zunehmend Privatinvestoren im Hintergrund diese Entwicklung beschleunigen.[5] Die gesetzlichen Krankenkassen versuchen diese Überversorgung zu unterbinden,[6] was den Verdacht nahelegt, dass sich daher an Privatpatienten gesundgestoßen werden soll. Auch jüngste Studien-Erkenntnisse der Kassenärztlichen Vereinigung erhärten den Vorwurf, dass durch Finanzinvestoren „unterstützte“ MVZ bestimmter Fachrichtungen verstärkt lukrative Behandlungen erbringen, sowie teurer abrechnen als vergleichbare Praxen oder Krankenhäuser.[7] In extremen Fällen werden gleich mehrere gleichlautende Firmen gegründet, so dass eine Optimierung der Gebühren durch entsprechende Auslagerungen erreicht werden kann, wie im u. g. Beispiel einer Münchener Spezialklinink für Orthopädie. So könnte die GmbH eine OP mit KH-Aufenthalt als Pauschale abrechnen, wobei als externe Belegärzte die GbR fungiert während die Vor- und Nachbehandlung im MVZ abgerechnet wird. Überschneidungen mit Dopplungen in den Abrechnungspunkten wären möglich. Anbei ein Beispiel aus dem Impressum eines abrechungsoptimierten Firmenkonstrukts.

OCM Gemeinschaftspraxis GbR

OCM Medizinisches Versorgungszentrum GbR

Zuständige Aufsichtsbehörde: KVB Bezirksstelle München Stadt und Land
Zuständige Kammer: Bayerische Landesärztekammer

OCM Klinik GmbH[8]

Sie müssen nicht in ein MVZ gehen, dennoch sollten Sie MVZ auf jeden Fall mitversichern, um Ihren Zugang zu Medizin flächendeckend sowie auf hohem Niveau ab zu sichern, denn die Anzahl der MVZ steigt seit Jahren.[9]

ü Mindestanforderung MVZ

Ohne Beschränkungen versichern.

+ Optimum MVZ

Ohne Beschränkungen versichern.

Exkurs Rooming-In: Was ist mit meinem Kind?

Einige Tarife sehen vor, dass Kinder bis zu einem bestimmten Alter (oft 12 Jahre) eine Begleitperson im Krankenhaus bezahlt bekommen können.

Wenn dieser Baustein gewünscht wird, dann muss er bei dem Tarif des Kindes versichert sein, nicht dem Tarif des Erwachsenen! Es ist ein minores Selektionsmerkmal.

Exkurs Schwangerschaft: Welche Leistung bekomme ich?

Sie bekommen für die reguläre Entbindung und alle damit zusammenhängenden Behandlungen die tariflichen Leistungen. Nicht mehr und nicht weniger. Außer: Wenn ein PKV-Antrag gestellt wird, während die werdende Mutter schwanger ist, sehen viele Tarife die Beschränkungen auf Regelleistungen vor. Eine Ablehnung des Antrags aufgrund von Schwangerschaft wäre nicht rechtens, wegen Verstoß gegen das Diskriminierungsgebot. Wer bei den Antragsangaben lügt, der risikiert jedoch den kompletten Schutz bzw. muss hilfsweise in den teuren Basistarif, wo es nur Regelleistungen gibt. Eine Schwangerschaft wird nur in absoluten Ausnahmen glaubhaft als unbekannt dargelegt werden können.

Beachten Sie, dass die Kindernachversicherung aufgrund der zu kurzen Laufzeit ggf. nicht möglich ist. Im Falle von Komplikationen drohen der Mutter finanzielle Folgen und der Nachwuchs bekommt ggf. keinen vollwertigen PKV-Schutz. Daher gilt rechtzeitig vor dem geplanten Entbindungstermin in die PKV wechseln oder nach der Entbindung.

Erste Versicherungen bieten während einer laufenden Normal-Schwangerschaft einen lückenlosen PKV-Schutz und verzichten auf die dreimonatige Frist für die Kindernachversicherung.[10] Der Autor geht aus, dass weitere Versicherungen hier nachziehen werden.

  1. §95 SGB V Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__95.html
  2. §95 Ia SGB V Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__95.html
  3. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Bundesverband Medizinische Gesundheitszentren – Medizinische Versorgungszentren (MVZ) https://www.bmvz.de/wissenswertes/mvz-information/medizinische-versorgungszentren/
  4. 2022-04-07 Das Erste – Panorama – Spekulanten greifen nach Arztpraxen https://www.ardmediathek.de/video/panorama/spekulanten-kaufen-arztpraxen-auf-oder-doku/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS81OWZlMzFlMS02MjM1LTRlYjMtOWVjZi1jZGIzZDI2Y2MzODk?fbclid=IwAR08vxgTUOAWjgjaqkQHk5xBIyha9fMRK5Hu91e_Ad0WzonHmoJP2NeVbx0
  5. 2012 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart – Zulassungsrechtliche Änderungen für Radiologen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz – Ausgabe 184 V – S. 479 https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0031-1274842.pdf
  6. §103 SGB V Zulassungsbeschränkungen https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__103.html
  7. 2021-12-07 IGES Institut GmbH – Versorgungsanalysen zu MVZ im Bereich der KV Bayerns – S. 118-119 https://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/UeberUns/Gesundheitspolitik/IGES-MVZ-Gutachten-April-2022.pdf
  8. „ohne Datum“, Aufruf 2023-04-24 OCM Klinik GmbH – Impressum https://www.ocm-muenchen.de/kontakt/impressum/
  9. 2018-12-31 Kassenärztliche Bundesvereinigung – Entwicklung der medizinischen Versorgungszentren – S. 3 https://www.kbv.de/media/sp/mvz_entwicklungen.pdf
  10. 2022-12-06 Versicherungskammer Bayern – Newsletter – Neue Anträge und Zertifikate 2023 – positive Änderung bei Schwangerschaft im Neugeschäft

Naturheilkunde und Heilpraktiker

Dieses Thema ist kontrovers! Da es sich bei diesen „Heilbehandlern“ weder um geschützte Begriffe handelt und zumeist keine Regelausbildung existiert, gibt es starke Vorbehalte. Auch dürfen diese „Heilbehandler“ keine Medikamente verschreiben, wenn sie nicht gleichzeitig Ärzte sind. Vielfach wird von alternativer Heilbehandlung gesprochen, obwohl rechtlich der Begriff Komplementär- bzw. Ergänzungsbehandlung angebracht wäre. Es ist keine Alternative!

Generell leistet die PKV nur für schulmedizinische Behandlungen, deren Wirksamkeit in medizin-wissenschaftlichen Studien belegt ist. Einzelne Anbieter bieten hier optionalen Versicherungsschutz, der über kostenpflichtige Bausteine eingekauft werden kann. Gemein haben alle Bausteine, dass sie sog. Sublimits haben, oft gepaart mit einer zusätzlichen Selbstbeteiligung. Dazu ein fiktives Tarifbeispiel:

Versicherungsjahr Max. Erstattung Erstattungshöhe
1 500€ 80%
2 750€ 80%
3 1.000€ 80%
4ff 1.500€ 80%

Sie sehen, dass weder die Rechnung nie in voller Höhe bezahlt wird, weil ein prozentualer Abschlag vorgenommen wird und eine jährliche Summengrenze gilt.

Die BAPs dieser Tarife/Bausteine (z. B. Gothaer MediNatura) sind deutlich stärker als in den regulären PKV-Tarifen.

Die Tarife richten sich bei der Erstattung nach dem Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH)[1] oder dem Hufeland Verzeichnis.[2] Die Anwender von Homöopathie fühlen sich von der GebüH nicht ausreichend gewürdigt, da viele Verfahren entweder nicht gelistet sind oder die Rechnungen beschnitten werden. Sie versuchen schon länger sich mittels eigener Verzeichnisse gegenüber der PKV zu behaupten,[3] bislang erfolglos. Andere Verfahren, z. B. traditionelle germanische Medizin oÄ haben in der Regel keine Erstattungsgrundlage.

Gleiches gilt für Osteopathen, die nur erstattungsfähig sind insofern Sie nach GebüH abrechnen, hilfsweise nach analoger Abrechnung für Ärzte. Orthopäden dürfen keine Osteopathie abrechnen.[4] Oft rechnen daher Orthopäden „manuelle Therapie“ ab, wenn sie unerlaubt osteopathische Leistungen erbringen. Wird falsch abgerechnet und es kommt raus, erhalten Sie keine Erstattung der PKV.

Die gleiche Logik findet Anwendung bei Akupunkteuren, Chiropraktikern, Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM), Kinesiologie, NLP oder anderen Formen der Hypnose.

Viele Heilpraktiker versuchen über die Analogabrechnung[5] mehr zu berechnen, als ihnen nach GebüH bzw. Hufeland zustünde. Begründet wird dies – absolut vermessen – da man studierten Ärzten gleichgestellt sei und dementsprechend gleich vergütet werden müsste. Es sei nicht gerecht, dass diese eine höhere Vergütung erhalten.[6] Da ein studierter Arzt nach GOÄ abrechnen kann, stellt sich ihm dieses Problem nicht. Es kann also nur für schlechter qualifizierte Heilbehandler gelten, die ein mehrjähriges Medizinstudium für nicht notwendig erachten.

Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung schränken die Befugnisse für nicht ärztliche Behandler zum Schutze der Bevölkerung ein. Heilpraktiker müssen beispielsweise warnen, dass der Abbruch schulmedizinischer Maßnahmen Nachteile bis hin zum Tod haben können.[7] Dabei steht der Schutz der Bevölkerung im Zweifel über der gewerblichen Ausübung eines Heilpraktikers, wenn dieser nicht die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten wie ein Arzt hat.[8]

Sowohl den Kassen als auch der PKV sind die überzogenen Rechnungen dieser nicht regulierten Behandler lange ein Dorn im Auge, zumal deren Verbände trotz aller Wirksamkeitsbehauptungen streng die Abkopplung von Behandlungserfolg und Rechnung beibehalten mögen. Das Risiko trägt aber allein der Patient![9]

Persönliche Anmerkung des Autors: Wer so einen Unfug in der PKV für unabdingbar hält, ist in der PKV falsch, denn es handelt sich weder um existenzbedrohende noch monetär ruinöse Risiken! Während es für ergänzende Heilbehandlung vertretbare Argumente gibt, ist Homöopathie indiskutabler Schwachsinn! Es ist keine Alternativmedizin, sondern höchstens eine Ergänzungsbehandlung!

ü Mindestanforderung Heilpraktiker und Naturheilkunde

Keine Mindestanforderung, da kein existenzbedrohendes Risiko.

+ Optimum Heilpraktiker und Naturheilkunde

Kein Optimum, da kein existenzbedrohendes Risiko.

  1. 2002 Fachverband deutscher Heilpraktiker – GebüH https://www.derprivatpatient.de/sites/default/files/cf-02-01-01-gebueh-85-2002-final.pdf
  2. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Hufelandgesellschaft e. V. – Leistungsverzeichnis https://www.hufelandgesellschaft.de/leistungsverzeichnis
  3. „ohne Datum“, Aufruf 2020-07-29 Verband klassischer Homöopathen Deutschlands e. V. – Abrechnungsverzeichnis für homöopathische Leistungen (LVKH) https://www.vkhd.de/patienten/leistungen-erstattungen-kosten/abrechnungsverzeichnis-fuer-homoeopathische-leistungen-lvkh
  4. 2016 Deutsches Ärzteblatt – 113(20): A-958 / B-808 / C-792 – Osteopathie darf nur von Ärzten oder Heilpraktikern ausgeübt werden https://www.aerzteblatt.de/archiv/179373/Osteopathie-darf-nur-von-Aerzten-oder-Heilpraktikern-ausgeuebt-werden?fbclid=IwAR3Huni69b8C8PYyXC2cwM9CQkaU_N0CKixG4U8KXyM16R2O0TX1ooX7oxk
  5. §6 II GOÄ – Gebühren für andere Leistungen https://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/__6.html
  6. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Bund deutscher Osteopathen e. V. – Patienteninformationen zur Erstattung https://www.bund-deutscher-osteopathen.de/patienteninformationen-zur-erstattung/
  7. 2021-03-25 OLG München – Az. 1 U 1831/18, noch nicht rechtskräftig, Revision zum BGH unter VI ZR 120/21 https://openjur.de/u/2336050.html
  8. 2021-03-11 VG Düsseldorf – Az. 7 L 2665/20 https://openjur.de/u/2332497.html
  9. 2014-02-15 Süddeutsche Zeitung – Patient haftet für falsche Arztrechnung https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/urteil-zur-alternativmedizin-patient-haftet-fuer-falsche-arztrechnung-1.1897415

Primärarztmodell (PAM) vs Direktservice (DS)

Beim Primärarztmodell (PAM), auch Überweisungsmodell genannt, müssen Facharztbesuche via Überweisen erfolgen. Wenn kein Primärarzt konsultiert wird, so muss die versicherte Person Differenzkosten selbst tragen, z.B. eine Kürzung von 20% hinnehmen. Dies kann auch dauerhaft sein!

Manche Tarife erlauben die Heilung des PAM durch Nachreichen einer Überweisung. Dies muss jedoch oft schriftlich angefragt werden, weil es nicht überall Teil der Bedingungen ist. Es drohen lebenslange Zuzahlungsrisiken.

Wenn Sie ohne Überweisung zum Nicht-Primärarzt gehen, drohen empfindliche Zuzahlungen, die in ihrer Höhe nach nicht begrenzt sind.

Das Primärarztmodell ist weniger bequem, da Sie mit Überweisungen arbeiten müssen. Dafür sparen Sie Versicherungsprämien.

Zusätzlich besteht die Gefahr, dass ein Arzt Sie erst „austherapieren“ möchte bevor er Sie zum fachlich versierten Kollegen überweist. Auch Zweitmeinungen sind damit nicht ohne weiteres möglich, da Sie dafür ggf. eine erneute Überweisung benötigen.

Bitte beachten Sie, dass einige Gesellschaften nicht von Primärarzt- sondern von Hausarztmodellen sprechen. Hausärzte sind namentlich benannte Einzelärzte. Dieses Modell ist noch eingrenzender als das Primärarztmodell.

Vereinzelt akzeptieren Versicherer die Überweisung durch den Tele-Mediziner über eine App als Primärarzt. Die übrigen Kritiken bleiben davon jedoch unberührt.

Schwierig ist es vor alle im Urlaub sowie auf Dienst- oder Geschäftsreise, da hier nicht immer ein Primärarzt verfügbar ist. Teilweise werden in anderen Ländern auch andere Facharztbezeichnungen geführt, die nicht mit diesem System kompatibel sind.

Sie sollten solche Tarifen vermeiden! Gerade bei Kindern möchten Sie nicht erst den Umweg über den Primärarzt machen müssen, sondern wollen die Behandlung ohne Umwege starten.

Was sind Primärärzte?

Es gibt keine gesetzliche Definition. In der Praxis haben sich die u. g. Ärzte bei allen Gesellschaften als Primärärzte verankert. Darüber hinaus sind, je nach Tarif, auch Internisten oÄ bzw. namentlich benannte Ärzte teils als Primärarzt anerkannt. Wenn diese aber nicht in den Bedingungen erfasst sind, können Sie auch nicht die Bedingungen erfüllen.[1]

Primärärzte
Stethoskop Weiblich Baby Auge Zahn
Allgemein-Mediziner Frauenarzt

Gynäkologe

Kinderarzt Augenarzt Zahnarzt

Einige Gesellschaften weisen ehrlich darauf hin, aber nicht alle tun es explizit. Bei Verstoß wären Sie auf die Kulanz der Versicherung angewiesen. Dazu ein Bildbeispiel der AXA, die es transparent löst:

Grafik – Das Problem des Internisten als Primärarzt am Beispiel der AXA

Aber Sie sehen, selbst bei dieser Lösung gibt es Nachteile!

Der ursprüngliche Gedanke den „Hausarzt als Lotsen des Kunden“ zu verstehen orientierte sich an der Praxisgebühr der gesetzlichen Krankenkassen. Es behaupteten einige Versicherungen sowie der Berufsverband der Allgemeinärzte, dass es Vorteile bringen würde.[2]

Neuere Tarife haben dieses Modell verworfen, da die Nachteile die Vorteile überwogen. Eine signifikante Kosteneinsparung konnte nicht nachgewiesen werden. Gleiches gilt für die vermeintliche Beitragsstabilität. Befürworter finden sich indes fast nur noch bei den Versicherungsgesellschaften sowie einigen Ärzteverbänden, die profitieren.[3] Von Primärarzttarifen ist abzuraten!

Klauseln des Primärarztmodells

Zwar gibt es Versuche einzelner Versicherungen das Risiko zu begrenzen, aber es bleibt dennoch fragwürdig. So gibt es Tarife, welche folgende Besserungen zum Primärarztmodell vorsehen:

  • Die nachträgliche „Heilung“ durch Nachreichen einer Überweisung.
  • Verzicht auf die Anwendung bei Akutversorgung im Ausland.
  • Verzicht auf die Anwendung bei Notfall- oder Bereitschaftsärzten, wobei diese Auslegung juristisch vermutlich ohnehin nicht haltbar wäre.
  • Verzicht auf Fristen für die Überweisung oder maximale Gültigkeitsdauern.
  • Beschränkung der Strafgebühr auf unter 5.000€ pa, was die gesetzliche Höchstgrenze wäre.

Wenn Sie ein Primärarztmodell in Erwägung ziehen, dann wenigstens mit den o. g. Klauseln.

Aber all diese Versuche sind nett, lösen jedoch nicht das Problem, dass Sie Bequemlichkeit mit hohen Zuzahlungsrisiko für eine niedrigen Beitrag tauschen. Auch ist der Wechsel in Tarife ohne Primärarztmodell nicht ohne weiteres möglich!

Option des freiwilligen Primärarztmodells

Die einzig unkritische Lösung sind Tarife, wo Sie bei freiwilliger Einhaltung des Primärarztmodells Boni bekommen. So halbiert sich z. B. im Tarif MediVita der Gothaer die Selbstbeteiligung, wenn man freiwillig den Primärarzt aufsucht, wobei Sie dies von Fall zu Fall eigenverantwortlich entscheiden können. Anbei eine beispielhafte Darstellung der Erstattung eines Gothaer Tarifs:

Grafik – Freiwilliges Primärarztmodell der Gothaer

Wählen Sie keine Tarife mit verpflichtendem Primärarztmodell! Optionale Modelle sind ok.

ü Mindestanforderung Primärarztmodell:

Wählen Sie Tarife ohne PMA, außer der freiwillige PMA-Besuch ist mit Boni belohnt. Kinder sollen kein PAM haben, Erwachsene höchstens mit kundenfreundlichen Klauseln.

+ Optimum Primärarztmodell:

Wählen Sie kein PMA!

  1. 2009-02-18 BGH Az. ZR 11/07 https://www.iww.de/quellenmaterial/id/38789
  2. 1999-10-23 Deutsches Ärzteblatt – Private Krankenversicherung: Gute Erfahrungen mit dem Primärarztmodell – Heft 43 – S. 26 https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=19607
  3. 2019-12-30 Ärzte Zeitung – Reinhardt spricht sich für das Primärarztmodell aus https://www.aerztezeitung.de/Politik/Reinhardt-spricht-sich-fuer-Primaerarztmodell-aus-405325.html

Psychotherapie

Ambulante Psychotherapie

Die gesetzliche Krankenkasse war hier lange stärker aufgestellt als viele alte PKV-Tarife, zumindest bis Einführung der unisex-Kalkulation. Mittlerweile leisten auch die schwachen PKV-Tarife eine solide Grundversorgung, was sich durch eine Mindestzusage von 50 Sitzungen pro Jahr ausdrückt, die auch im Delegationsverfahren angewandt werden kann.

Gerade junge oder erfolgreiche Menschen tun Psychotherapie ab, als wären sie dagegen immun. In Deutschland haben 9% aller Erwachsenen binnen der letzten 3 Jahre eine Psychotherapie in Anspruch benommen. Ca. das 2,5x-fache wird als Dunkelziffer veranschlagt. Arbeitslosigkeit oder der Arbeitsplatzverlust sind mit weitem Abstand der ausschlaggebende Grund. Lange Wartezeiten, eine geringe Versorgungsdichte vor Ort sowie Scham werden als Gründe für die Nichtinanspruchnahme aufgeführt.[1]

Abbildung 1: Anzahl der jährlich von einer psychischen Erkrankung betroffenen Menschen in Mio., in Klammern die 12-Monats-Prävalenzen. Darstellung der wichtigsten

Diagnosegruppen und einiger Einzeldiagnosen psychischer Erkrankungen, Bezugsgröße:

64,1 Mio. Deutsche im Alter von 18 bis 79 Jahren. Quelle: Jacobi et al. (2016).

Grafik 246 – Prozentualer Anteil psychischer Erkrankungen in Deutschland

In Deutschland leiden sehr viele Menschen an psychischen Störungen. Jeder sechste deutsche Erwachsene leidet an einer Angststörung. An einer affektiven Störung jeder Zehnte.[2] Regelmäßig sind ambulante psychotherapeutische Behandlungen oder Gutachten notwendig, wenn es um die Arbeitsfähigkeit geht, die Beurteilung einer Berufsunfähigkeit im Vergleich zu einer Krankheit oder um Leistungsansprüche aus dem Krankentagegeld. Verschiedene Fachverbände haben dazu unter anderem die AWMF-Leitlinien zusammengetragen, anhand derer medizinische Sachverständige psychische Leistungsfälle beobachten.[3] Dies spielt eine oft unterschätzte Rolle, weil psychische Probleme ein schleichender Prozess sein können, der die Arbeitsfähigkeit über Monate oder gar Jahre hinweg schleichend mindern kann. Im Zuge der potenziellen, einseitigen Reduktion durch den Krankentagegeldversicherer,[4] ist es wichtig, dass die Leistungsausgaben bezahlt werden und der Versicherte eine Chance auf Regeneration sowie Wiedererlangung der Arbeitskraft bekommt.

Die Musterbedingungen des PKV-Verbands sehen Psychotherapie als Leistung vor, da Sie unter den Begriff des Leistungsfalls fallen. Lediglich eine Wartezeit von acht Monaten nach Vertragsbeginn[5] ist vorgesehen. Hiervon weichen speziell die Billigtarife bzw. Starter- oder Einsteigertarife teilweise nachteilig ab. Einige haben keine Leistung, andere sehen hohe Selbstbeteiligungen vor.

Die Mindestempfehlung lautet: sichern Sie eine angemessene Mindestanzahl an Sitzungen ab (z. B. 50 pro Jahr) ab, die ohne vorherige schriftliche Zusage in Anspruch genommen werden können und vollständig erstattet werden, egal ob bei Psychologen (ungeschützte Berufsbezeichnung)[6] oder Psychotherapeuten (Berufsbezeichnung, idR durch Ärzte, Psychologen oder Pädagogen mit Studium sowie fachkundlicher Weiterbildung in Psychotherapie)[7].

Ein Selbstbehalt (z. B. 20€/Sitzung) ab einer erhöhten Anzahl Sitzungen (z. B. ab 31. Sitzungen pro Jahr) ist in der Regel hinnehmbar, wenn das kumulierte Risiko sich auf wenige hundert Euro beschränkt.

Die Kosten für eine Psychotherapie können sich auf mehrere tausend Euro pro Jahr belaufen. In der Regel ist der Patient in dieser Phase ohnehin wirtschaftlich angeschlagen, weshalb ein eigenes Bestreiten der Kosten unwahrscheinlich ist.

Praxis-Beispiele für Psychotherapie anderer, gefestigter Kunden

Egal wie gefestigt Sie im Leben stehen, niemand ist vor Schicksalsschlägen gewappnet. Dazu Beispiele aus der Praxis des Autors:

  • Ein junger Ingenieur schätzt eine Verkehrssituation falsch ein, er kollidiert mit einem LKW. Seine Frau saß auf dem Beifahrersitz und ist seit dem Unfall von der Hüfte an abwärts gelähmt. Eine Schwangerschaft ist aufgrund des erhöhten Risikos gefährlich für Mutter wie Kind. Aufgrund gescheiterter Familienplanung zerbrechen die Beziehung sowie die psychische Gesundheit.
  • Die Leiterin einer wissenschaftlichen Einrichtung verliert ihren zweijährigen Sohn durch Krebs. Der Gatte verfällt dem Alkoholismus und wird wegen Dienstvergehen von der Feuerwehr suspendiert. Er sucht Trost bei einer Jüngeren und lässt sie in der vor dem Tod des Kindes erworbenen Immobilie zurück. Sie hat einen massiven Leistungsabfall, der zum Verlust von Projekten führte, wodurch die Finanzierung ihrer Stelle in Gefahr geriet. Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme sowie weitere Begleiterscheinungen treten auf.
  • Der Vertriebsleiter eines Maschinenherstellers wird Opfer einer Schmutzkampagne. Eine ehemalige Kollegin zeigt ihn wegen Vergewaltigung an. Die Firma stellt ihn frei, die Kollegen meiden ihn, seine Struktur wendet sich ab, sein Umsatz bricht zusammen. In Folge von Einkommensverlust kann er diverse Raten nicht bezahlen. Er flüchtet ins unbekannte Ausland. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder, die vor dem Nichts stehen. Die Strafverfolgung gelingt durch die Psychotherapie-Rechnungen, die der Geflüchtete im Ausland wahrnimmt.
  • Ein Bankfilialleiter konfrontiert nach Schwierigkeiten in der Beziehung seine damalige Partnerin. Er begründete den Verdacht einer verheimlichten Schwangerschaft. Im Streit kam zum Vorschein, dass die schwangere Partnerin das Kind entgegen Absprache gewaltsam abgetrieben hat, indem sie nicht auf Dienstreise ging, sondern auf einen „Drogenrausch“ nach Südafrika. Es kam zur Trennung. In Folge der Trauerbewältigung wurde die Bonifikation verfehlt. Da der Arbeitgeber trotz Schlechtleistung nicht betriebsbedingt kündigen konnte, wurde er in eine andere Filiale versetzt, für die fast 200km täglich überwunden werden müssen. Weitere Drangsalierungen sowie Karriere-Behinderungen folgten. Die Genesung bis zur vollständigen Leistungswiedererlangung dauerte fast drei Jahre.
  • Die Prokuristin eines Verpackungsmittelherstellers und Ihr Gatte, Produktionsleiter eines Möbelherstellers, arbeiten in Vollzeit. Die Kinder gelten als betreuungsintensiv, weshalb sie den tagesüber in einer Betreuungseinrichtung waren, in welche sie ungerne gingen. Die Tochter macht seit Jahren verschiedene Therapien. Der Sohn ist stark in sich gekehrt. Im Erwachsenenalter kommt durch einen Suizidversuch der Tochter raus, dass die beiden Kinder zeitweise in der Einrichtung missbraucht wurden, zu der die Eltern diese trotz massiver Widerstände der Kinder wochentags persönlich brachten. Übrig bleiben eine zerbrochene Familie, gescheiterter Karrieren sowie langlaufende Therapien zur Bewältigung diverser Traumata, Versagensängste sowie Selbstbezichtigungen inklusive selbstverletzenden Verhaltens.

Egal wie gut es Ihnen geht, es liegt nicht in Ihrer alleinigen Macht, dass es immer so bleibt. Keiner hätte bei den o. g. Personen jemals gedacht, dass diese am Boden zerstört sein würden. Doch das Leben ist nicht vollständig kontrollierbar!

Machen Sie nicht den Fehler auf Psychotherapie-Leistungen zu verzichten! Denn wenn Sie diese brauchen, befinden Sie sich in einer Phase, in denen Ihnen die jetzige Stärke höchstwahrscheinlich fehlt und Sie ein vermindertes Einkommen haben.

Stationäre Psychotherapie

Die stationäre Psychotherapie ist besoners für Kinder wichtig. Aber auch für Erwachsene nach einem Unfall, Trauerfall, Trauma etc. Die Kosten für einen Aufenthalt hier sind hoch vierstellig, bei längerer Dauer auch hoch fünfstellig. Und mit fast einer Millionen Leistungsfälle pro Jahr in 2020 nur für Kassenpatienten, ist es keine Randerscheinung, die ignoriert werden kann. Die stationäre Psychotherapie ist eine gängige Behandlung in der deutschen Medizin. Die Leistungsfälle durch Drogenmissbrauch betragen dabei ca. 100.000 Fälle, womit es nicht auf ein Problem für Suchtkranke oder psychisch labile Menschen reduziert werden kann.[8] Dabei sind ca. 80% der Fälle Einzelfälle und keine „psychischen Wracks“, die Multi-Diagnosen haben.[9]

Die Medizin ist mittlerweile der Ansicht, dass die stationäre Psychotherapie in vielen Fällen Vorteile gegenüber der ambulanten Psychotherapie hat.[10] Neben den Behandlungsvorteilen wird auch oft eine massiver Geschwindigkeitsvorteil erzielt, teils das zehnfache einer ambulanten Therapie.[11]

Die stationäre Psychotherapie sollte zeitlich unbegrenzt mitversichert sein. Eine monetäre orientierte Verzerrung der Heilbehandler hin zur stationären Psychotherapie ist unwahrscheinlich, da Therapeuten bzw. Psychater lange Wartelisten haben und gut bezahlt werden. Auch bei Kassenmitgliedern.

ü Mindestanforderung Stationäre Psychotherapie

Ohne Beschränkungen (z. B. zeitliche Limitierung) versichern.

+ Optimum Stationäre Psychotherapie

Optimum entspricht dem Minimum.

Schlechte Psychotherapie-Leistungen in Software oft kaschiert

Beachten Sie, dass Software, Tabellen und Vergleiche oft empfindliche Lücken haben, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind, beispielsweise weil mit doppelter Verneinung gearbeitet wird.

Grafik – 2020-08-07 Auszug aus Level Nine PKV im Tarif Barmenia VHV1E+ VZN+ PVN (Sondertarif Ärzte)

Auf den ersten Blick wirkt alles gut, schließlich zahlt die Versicherung unbegrenzt. Klickt man aber in das leere Feld (Markierung durch roten Pfeil) unter der Bezeichnung unbegrenzt, dann erscheint Pop-Up mit einer relevanten Information in Form einer doppelten Verneinung.

Grafik – 2020-08-07 Auszug aus Levelnine PKV im Tarif Barmenia VHV1E+ VZN+ PVN (Sondertarif Ärzte)

Pauschale 15% Selbstbeteiligung seien weder ein wichtiger Hinweis – schließlich gibt es ja den „Hinweis“ durch die doppelte Verneinung – noch für die Benchmark relevant.

Der Software-Anbieter hat auf die Kritik zum o. g. Sachverhalt abgewiegelt. Die Förderung durch eine Versicherung ist anscheinend doch wichtiger als Transparenz gegenüber Kunden und Vermittlern.

Die gleiche Problematik finden Sie bei Check24 oder ähnlichen Portalen. Um zu verkaufen, wird verkürzt dargestellt! Prüfen Sie also nicht nur ob Psychotherapie versichert ist, sondern auch wie!

ü Mindestanforderung Ambulante Psychotherapie

Mindestens 50 ambulante Sitzungen versichern, wobei der Selbstbehalt gedeckelt sein sollte. Keine Beschränkung des Behandlers.

+ Optimum Ambulante Psychotherapie

Unbegrenzte Anzahl ambulante Sitzungen ohne Selbstbeteiligung versichern. Keine Beschränkung des Behandlers.

  1. 2020-03 Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung e.V. – Report Psychotherapie 2020 – S. 26 & S. 29 https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjZuaSxgqzvAhWpmOAKHUsvCgUQFjAAegQIAhAD&url=https%3A%2F%2Fwww.presseportal.de%2Fdownload%2Fdocument%2F658807-dptv-report-psychotherapie-2020.pdf&usg=AOvVaw2jTOreiiTtsmUg8Q0BHkR5
  2. 2020-03 Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung e.V. – Report Psychotherapie 2020 – S. 12 https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjZuaSxgqzvAhWpmOAKHUsvCgUQFjAAegQIAhAD&url=https%3A%2F%2Fwww.presseportal.de%2Fdownload%2Fdocument%2F658807-dptv-report-psychotherapie-2020.pdf&usg=AOvVaw2jTOreiiTtsmUg8Q0BHkR5
  3. 2020-03-04 Der medizinische Sachverständige – Aktuelle AWMF-Leitlinie zur Begutachtung der beruflichen Leistungsfähigkeit bei psychischen und psychosomatischen Störungen https://www.medsach.de/berichte-informationen/aktuelle-awmf-leitlinie-zur-begutachtung-der-beruflichen-leistungsfaehigkeit
  4. 2016-09-15 VersR Online – Dr. Markus Sauer, Krankentagegeld und Nettoeinkommen – ein neues Kapitel http://www.versr.de/aufsatzdr-markus-sauer-krankentagegeld-und-nettoeinkommen-ein-neues-kapitel/
  5. 2022-01 §3 III MB/KK 2009 Wartezeiten https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/2019-02_mb-kk-2009.pdf
  6. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen – Berufsbild Psychologie https://www.bdp-verband.de/profession/ausbildung/berufsbild.html
  7. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung – Informationen https://www.deutschepsychotherapeutenvereinigung.de/informationen/
  8. 2020-11-12 destatis Krankenhäuser Pauschalierendes Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) – https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Tabellen/pauschalierendes-entgeltsystem-psychiatrie-psychosomatik.html;jsessionid=2497476D057DC69959A2DC4405079F8C.internet732
  9. 2020-03 Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung e.V. – Report Psychotherapie 2020 S. 21 – https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjZuaSxgqzvAhWpmOAKHUsvCgUQFjAAegQIAhAD&url=https%3A%2F%2Fwww.presseportal.de%2Fdownload%2Fdocument%2F658807-dptv-report-psychotherapie-2020.pdf&usg=AOvVaw2jTOreiiTtsmUg8Q0BHkR5
  10. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) – Wann kann eine Behandlung im Krankenhaus ratsam sein? https://www.wege-zur-psychotherapie.org/die-behandlung-im-krankenhaus/
  11. 2004-09 Ärzteblatt.de – Stationäre Psychotherapie: Zehnmal schneller als ambulante Therapie – Heft 9 – S. 419 https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=43372

Vorsorge und Schutzimpfungen

Die Vorsorgeleistungen[1] sowie Impfleistungen[2] der gesetzlichen Kassen sind für Aufenthalte in Deutschland zzt. ausreichend. Lediglich im Ausland werden Impfleistungen nur erbracht, wenn sie beruflich bedingt sind. Dabei wird in der Regel auf das Robert-Koch-Institut (kurz RKI)[3] bzw. die ständige Impfkommission (STIKO)[4] abgestellt.

Bei der PKV können Sie entscheiden, ob Ihnen die Kassenleistungen bei der Vorsorge genügen oder ob Sie darüberhinausgehende Leistungen versichern wollen. Da die Leistungen der GKV aufgrund politischer Entscheidungen variabel sind, so z. B. wg. der Corina-Krise in den Jahren 2021-2022, sowie der politischen Steuerung unterliegen,[5] sollten Sie einen über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Anspruch versichern.

Dies ist auch deshalb wichtig, weil durch eine Impfverweigerung eine medizinische Heilbehandlung womöglich nicht durchgeführt oder abgebrochen wird, beispielsweise weil ein Krankenhaus bzw. Pflegeheim die Aufnahme verweigern bzw. bei bestehender Belegung gar kündigen.[6]

Impfungen sind nicht immer Teil aller PKV-Angebote, denn die Musterbedingungen kennen nur die Vorsorge.[7] Mittlerweile dürfte es aber keinen Anbieter mehr geben, der keine Impfleistungen in den Tarifbedingungen hat.

In der PKV gibt es Modernisierungsbedarf, da die Prävention sehr eng an der Definition der Vorsorge des Sozialgesetzbuches verstanden wird. Außerdem gibt es einen fachlich nicht eindeutigen Diskurs über die Auslegung der Grenzen von Prävention und Vorsorge.[8] Die hier benannte Vorsorge ist eigentlich die sog. Primärprävention, deren Leistungen im Rahmen der „Managed Care“ nicht unmittelbar oder zweifelsfrei abgedeckt sind. Die Sekundär- und Tertiärprävention ist von der PKV erfasst, z. B. über ReHa-Maßnahmen.[9] Aus Vereinfachungsgründen wird weiter der Begriff Vorsorge verwendet.

Achtung: Selbst, wenn Sie einen Anbieter wählen, der für Vorsorgeuntersuchungen weder Schranken noch Limits kennt, so bleiben das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Notwendigkeit einer medizinischen Indikation weiterhin gültig. So hatte z. B. eine Frau nach der Brustkrebs-OP ein jährliches MRT gefordert, weil es – so haben die Richter es formuliert – eine begehrte sowie die bestmögliche Sicherheit darstellt. Sie wurde jedoch auf die Regelversorgung verwiesen, weil diese eine ausreichende Sicherheit darstellt, von der nur mit fachärztlicher Indikation abgewichen werden darf.[10]

Dies ist insbesondere für IGeL-Leistungen wichtig, deren Nutzen und Kosten Sie über den IGeL-Monitor vergleichen sollten.[11] Als Faustformel sollten Sie sich merken, dass selbst bei Komplikationen der unvorhersehbarem Bedarf eine Aufschlag von mehr als 20% gegenüber dem Kostenvoranschlag nicht ungeprüft akzeptiert werden sollte.[12]

Da der Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen vor allem über den Zusatzbeitrag geführt wird, und bei Vorsorge ein prämiensparsamer Ansatz möglich ist, gibt es Fehlanreize zum unterdurchschnittlichen Engagement der GKV. Wettbewerbliche Steuerungen sind gegeben, da keine Richtwerte einer defizitären Entwicklung entgegenstehen.[13] Wer als PKV-Versicherter nicht über die gesetzliche Vorsorge hinaus versichert, kann von diesen Negativentwicklungen ebenfalls betroffen sein. Verbesserungen in der Vorsorge der GKV, beispielsweise die jüngst eingeführte Bewilligung pränataler Untersuchungen von Trisomie,[14] sind leider die Ausnahme.

Vereinzelt werben Anbieter damit, dass die Leistungen für Vorsorge weder auf die Selbstbeteiligung noch auf die Beitragsrückgewähr angewandt werden. Teilweise pauschal, teilweise mit Liste (bzw. Gutscheinen) für spezielle Behandlungen. Andere Versicherungen bieten sog. Vorsorge-Gutscheine an, welche zusätzliche Vorsorge-Untersuchungen erlauben. Beispiel:

Vorsorge-Gutscheine

Unter welchen Voraussetzungen Sie Vorsorge-Gutscheine erhalten und was beim Einlösen der Gutscheine zu beachten ist – dies und mehr erfahren Sie hier.

1. Unter welchen Voraussetzungen erhalte ich Vorsorge-Gutscheine?

Sie erhalten Vorsorge-Gutscheine für 2023 und 2024, wenn Sie

• eine Krankheitskostenvollversicherung bei der Halleschen versichert haben

• im jeweiligen Einlöse Zeitraum das entsprechende Alter besitzen (Frauen ab 21, Männer ab 35) und

• einen ungekündigten Versicherungsschutz mit ambulanten und stationären Leistungen bei der Halleschen haben.

Bitte berücksichtigen Sie außerdem folgende Hinweise:

• Ein Anspruch auf Beitragsrückerstattung ist keine Voraussetzung mehr für die Ausgabe von Vorsorge-Gutscheinen.

• Die Vorsorge-Gutscheine sind eine freiwillige Leistung der Hallesche, die aus Überschüssen finanziert und von der Mitgliederversammlung festgelegt werden.

• Versicherte in Tarif NK.select erhalten keine Vorsorge-Gutscheine. Denn Vorsorgeuntersuchungen werden in diesem Tarif erstattet, ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes und ohne die Beitragsrückerstattung zu gefährden.[15]

Zwar sind solche Bedingungen zu begrüßen, aufgrund der geringen Kosten stellen sie ein nachrangiges Selektionsmerkmal dar.

ü Mindestanforderung Vorsorge & Schutzimpfungen

Mindestens nach gesetzlichen Standards (z. B. RKI & STIKO) versichern.

+ Optimum Vorsorge & Schutzimpfungen

Über den gesetzlichen Standard hinaus versichern, z. B. Prostatakrebs <55 bei Männern, mehr als zwei Ultraschall bei Frauen in der Schwangerschaft usw. Ohne diese Klausel bestünde sonst das Risiko der Leistungsminderung in der PKV, wenn die GKV mindert.

  1. §23 SGB V Medizinische Vorsorgeleistungen https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/23.html
  2. §20i SGB V Leistungen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten, Verordnungsermächtigung https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/20i.html
  3. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 RKI – Impfungen von A-Z https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/ImpfungenAZ_node.html
  4. „ohne Datum“, Aufruf 2020-09-18 RKI – Empfehlungen der ständigen Impfkommission https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Impfempfehlungen_node.html
  5. 2022-06-24 Haufe – Sonderregelungen für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern enden https://www.haufe.de/sozialwesen/leistungen-sozialversicherung/corona-sonderregelungen-fuer-vorsorgeuntersuchungen-bei-kindern_242_558008.html
  6. 2023-03 ZJS – Zeitschrift für das Juristische Studium – Fortgeschrittenenklausur Arbeitsrecht: Impfgegner im Pflegeheim – S. 542-555 – www.zjs-online.com
  7. 2022-01 §1 II b) MB/KK 2009 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/2019-02_mb-kk-2009.pdf
  8. 2020-05 DAV e. V. Aktuar Aktuell 50 – S. 13 https://aktuar.de/politik-und-presse/aktuar-aktuell/Documents/Aktuar%20Aktuell%20Nr.50.pdf
  9. 2022-04 DAV e.V. – Aktuar Aktuell Nr. 57 S. 12/13 – Vorsorge und Prävention – auch ein Thema für Aktuare
  10. 2021-03-11 LSG Niedersachsen-Bremen Az L 4 KR 68/21 Rz 20 http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod?feed=bsnd-r-sg&showdoccase=1&paramfromHL=true&doc.id=JURE210005291
  11. „ohne Datum“, Aufruf 2023-05-08 Medizinischer Dienst Bund (Kör) – Darum gibt es den IGeL-Monitor https://www.igel-monitor.de/wie-wir-arbeiten/darum-gibt-es-den-igel-monitor.html
  12. 2023-05-02 ra-online GmbH – Deutsches Anwaltsregister – Arzt-Angebot: Kosten für Selbst­zahler-Leistung vergleichen https://www.anwaltsregister.de/Rechtsratgeber/Arzt-Angebot_Kosten_fuer_Selbstzahler-Leistung_vergleichen.d10282.html
  13. 2019 Wolfgang Bödeker, Susanne Moebus – Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Gesundheitsförderung und Prävention 2012–2017: Positive Effekte durch das Präventionsgesetz? – S. 6 https://sci-hub.ru/10.1055/a-0829-6632
  14. 2021-08-19 Tagesschau.de – Trisomie-Test wird Kassenleistung https://www.tagesschau.de/thema/trisomie/
  15. „ohne Datum“, Aufruf 2023-04-19 Zitat (sic!) Hallesche KVaG – Vorsorge-Gutscheine https://www.hallesche.de/service/fragen-antworten/zu-ihrem-vertrag/faq-vorsorge-gutscheine

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