Die Beitragsanpassungen (kurz BAP) der AXA seien unwirksam? Stimmt das? Was bedeutet es?

Dieser Artikel ist die Vorgeschichte zu einer Reihe von Prozesse, die vom BGH entschieden wurden. Die vollständige Beurteilung (ca. 10 Minuten Lesedauer) finden Sie in meinem ausführlichen Artikel zum BAP-Urteil des BGH. Kurzversion: Klagen Sie nicht. Es ist dumm und wird Sie am Ende teuer zu stehen kommen.

Was bisher geschah…

Wer Mitglied einer Privaten Krankenversicherung (kurz PKV) ist, hat Erfahrungen mit den fast alljährlichen Beitragserhöhungen gem. §203 II VVG, die euphimistisch als Beitragsanpassung bezeichnet werden. Daran ist grundsätzlich nichts zu beanstanden, denn alles im Leben wird teurer. Warum sollten Medizin sowie die dazugehörigen Krankenversicherungen davon ausgenommen sein? Die BAP-Schreiben sind bewusst allgemein gehalten, typisches „Blabla“. Das darf aber kein Freifahrtschein sein. So dachte es sich auch ein Berliner Kunde der AXA Krankenversicherung AG, der sich wehren wollte.

Beim Versuch sich gegen die BAP zu wehren, geriet er an einen pfiffigen Rechtsanwalt, der auf die Idee mit den Formfehlern kam. Durch die Instanzen ging es bis zum BGH, wobei die Ergebnisse sich wie u. g. darstellen:

Der Kunde der AXA Krankenversicherung ist mit seinem Formfehler-Ansatz aufgrund eines eigenen Formfehlers – falsche Zuständigkeit – gescheitert. Die PKV und die BaFin teilen dieses Auffassung, das Urteil begrüßend. Die Bafin hatte im hauseigenen Journal „BaFin Journal (07/2017)“ schon vorher eine dem Urteil entsprechende Haltung geäußert.


Ein anderer Kunde der AXA Krankenversicherung AG wollte sich das aber nicht bieten lassen und zog ebenfalls vor Gericht, wo er beim LG Köln (Az. 23 O 373/18) und OLG Köln (Az. 9 U 138/19) einen (Teil-)Sieg errang. Der dortige Versicherungsenat urteilte u. a.:

Die Begründungen für die BAP seien „widersprüchlich“ und „missverständlich, wenn nicht gar sachlich falsch“. Versicherungen müssten bei Beitragsanpassungen den Kunden die „maßgeblichen Gründe“ mitteilen, was eine Veränderung der Leistungsausgaben bzw. der Sterblichkeit wäre.

Dies ist insofern erstaunlich als dass mit dem OLG Celle sowie fünf weiteren OLG eine vom OLG Köln abweichende Meinung herrscht. Das OLG Köln meint, dass die pauschalen Meldungen der Versicherungen zu schwammig sein, inhaltslos und damit nicht verwertbar. Die anderen OLG meinen, dass es ein Betriebsgeheimnis ist und der Laie ohnehin aufgrund der komplexen Materie nichts mit konkreten Werten anfangen könnte. Aufgrund des Urteils aus Köln sowie der OLG Meinungsdifferenzen wurde der BGH angerufen ein finales Machtwort zu sprechen. Das Urteil aus Köln ist nicht rechtskräftig und wird deshalb von der AXA juristisch bekämpft.

Der Kläger hat erstmal (!) einen Erfolg und seinem Ansinnen einer Rückabwicklung der Beitragsanpassung könnte entsprochen werden. Dies ist aber höchst unwahrscheinlich!

Was heißt das für Kunden der PKV?

Der BGH hat im ersten Rechtsstreit bestätigt, dass der Treuhänder tatsächlich nicht unabhängig im Sinne der Formvorschriften war. Blöd ist nur, dass keiner der Treuhänder es nach dieser Definition sein kann, denn es gibt nur 16 Treuhänder in Deutschland für die PKV.

Aber, und das ist ein großes aber, in der Sache hatte die AXA Krankenversicherung Recht, denn die BAP war sachlich angemessen. Bei der Überprüfung wurde festgestellt, dass die Berechnungen korrekt waren. Der Grund für die Anpassung ist also rechtens, denn es gibt einen erhöhten Kostendeckungsbedarf, der entsprechend umgelegt wird. Damit reduziert sich die Wirkung des Urteils auf einen Formfehler, der geheilt werden kann. Alles andere wäre auch unpraktikabel.

Im zweiten Rechtsstreit ist das Urteil nicht einmal rechtskräftig, es kann also ganz anders kommen als von dem Anwalt dargestellt. Und auch hier handelt es sich nur um einen „Formfehler“, der keine Auswirkungen hat. Es fehlt in beiden Fällen an der Kausalität, denn die Formfehler sind völlig losgelöst von der realen Beitragsproblematik zu betrachten. Aber selbst wenn es die Richter anders sehen würden, brächte es nichts, denn es wäre ein Pyrrhussieg!

Was bedeutet das für Kunden der AXA Krankenversicherung?

Nichts! Wirklich nichts. Es gibt auch nichts zu tun. Es handelt es sich um einen Pyrrhussieg! Das hängt mit der Bewertung zusammen, wie oben dargelegt.

Selbst wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass die Richter den Formfehler als kausal oder schwerwiegend einstufen würden und es gäbe eine Rückabwicklung der Beiträge, es würde nichts bringen! Selbst wenn einige zehntausend BAP rückabgewickelt würden und die AXA Krankenversicherung die fehlenden Beiträge aus Eigenmitteln nachschießen würde, was passiert dann? Die AXA würde den fehlenden Betrag niemals gänzlich ausfinanzieren sondern nur temporär überbrücken. Bei der nächsten Beitragsanpassung knallt es nur umso härter, weil dann die vielen Jahre nachgeholt werden müssen. Hinzu kommen noch folgende Kosten:

  • Rechtsverfolgungskosten
  • Kapitalbeschaffungskosten (z. B. Aktienemmissionen, Prospektierung etc.)
  • Zins- & Verwaltungskosten der Kapitalbeschaffung
  • Erhöhter buchhalterischer sowie bilanzieller Aufwand
  • Potentiell Minderung der RfB, was Leistungskürzungen zur Folge hätte

Über den letzten Punkt, die Minderung der RfB könnte man streiten. Aber in Summe ergibt sich, dass nach der rechtlichen Korrektur weiterhin erhöhter Geldbedarf herrscht. Wenn Geld fehlt, dann fehlt es, egal ob es einen juristischen Formfehler gab oder nicht. Frei nach Shakespeare: Viel Lärmen um Nichts!

Wer könnte profitieren?

Es kann NICHT jeder profitieren. Unseriöse Anwälte versuchen die Werbetrommel zu rühren, was aber falsch ist! Für die meisten Kunden der AXA, DKV sowie anderer beklagter Versicherungen (wie z. B. Allianz, Debeka, Signal Iduna etc.) ändert sich nichts.

Es gibt aber Personen, die profitieren könnten:

  • Alte Menschen, die sterben bevor die formfehlerfreie BAP kommt
    Diese Menschen sparen Beitrag und sterben, bevor sie die rechtmäßige Zeche (§1 VVG S2 Prämienzahlungspflicht) zahlen.
  • Kunden, die zum damaligen Zeitpunkt im Notlagentarif (kurz NLT) waren
    Im Notlagentarif werden vorhandene Alterungsrückstellungen „verkonsumiert“, die niedrige Prämie des NLT mit der Differenz zum Normalbeitrag gem. §193 VVG verrechnet wird. Ist die Normalprämie kleiner, „verbraucht“ der Kunde in Relation weniger Rückstellungen.
  • Menschen, die vor dem BAP-Schock im Standardtarif landen
    Hier gilt eine Obergrenze für den Beitrag, die nichts mit den üblichen Kohorten zu tun hat.
  • Menschen, die vor dem BAP-Schock aus der PKV aussteigen
    Ob diese rückwirkend viel oder wenig Rückstellungen für das Kollektiv hinterlassen, ist Aussteigern egal. Im Falle der Umwandlung in eine Zusatzversicherung wären sie auch nicht betroffen, da sie in einem anderen Kollektiv wären.

Diese Gruppen haben etwas gemein: Sie sind sehr klein, meist unfreiwillig in der Situation und würden auf Kosten der Allgemeinheit den eigenen Geldbeutel schonen. Im Deutschen gibt es dafür ein Wort, nämlich asozial. Sparen Sie sich die Klage, denn am Ende gewinnen nur die Anwälte! Die Zeche zahlen mal wieder die ehrlichen Leute, die Versicherten. Wer eine Versicherung „schädigt“, der tut es immer auf Kosten der Allgemeinheit. Aber so funktionieren weder die Gesellschaft noch der Versicherungsgedanke!

WOW! Ich hätte nicht gedacht einmal offiziell eine Versicherung verteidigen zu müssen. Aber die Klagen bezüglich der BAP sind ein Beispiel für eine Fehlentwicklung, die nicht unterstützt werden darf. Die Energie sollte eher darauf verwandt werden, sinnvollere Methoden zur Reduzierung des BAP Bedarfs sowie für eine gleichmäßigere Anpassung zu treffen. Dann würden alle am gleichen Strang ziehen!

Viele fachlich versierte Kollegen sehen das ähnlich. Selbst bei den Einkaufsgemeinschaften (sog. Pools) wird eine ähnliche Auffassung vertreten. Hier ein beispielhafter Auszug aus dem Newsletter von germanbroker.net (gbnet).

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